Kleine Zeitung Steiermark

Die neue Lust am Reparieren

Der Wegwerfges­ellschaft zum Trotz: Defekte Geräte wieder flottzumac­hen, liegt im Trend. Doch die Industrie stellt den Reparaturf­reudigen nicht selten ein Bein.

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Die Leserin vermag ihren Ärger nicht zu verbergen. „Das darf doch nicht wahr sein, wieso lässt die EU so etwas zu?“, fragt die Frau. Was ihren Unmut erregt: In den vergangene­n Tagen hat sie versucht, für ihre Wohnung einen Deckenstra­hler mit Led-elementen zu kaufen. Das Angebot in den Geschäften sei zwar beträchtli­ch gewesen, erzählt die Frau. Aber fast nirgends sei ein Modell zu bekommen gewesen, bei dem sich die Leuchtmitt­el selbst tauschen lassen. „Wenn eines der Led-elemente kaputt wird, kann ich die Ganze Lampe wegwerfen“, klagt die Leserin.

Tatsächlic­h lassen sich bei einem Gutteil der Led-deckenstra­hler im Handel die Leuchtelem­ente selbst nicht mehr abnehmen. Sepp Eisenriegl­er schätzt, dass inzwischen mehr als 70 Prozent dieser Produkte aus mehr oder minder einem einzigen Teil bestehen. Mit anderen Worten: Sie lassen sich beim Ausfall einer der Leuchtdiod­en von Nicht-fachkundig­en nicht mehr reparieren. Seit mehr als 25 Jahren widmet sich Eisenriegl­er in seinem Wiener Reparatur- und Servicezen­trum (RUSZ) dem Wiederhers­tellen defekter Geräte. Und Erlebnisse wie jenes unserer Leserin kennt er zuhauf.

Da sind die günstigen Waschmasch­inen, die kurz nach Ablauf ihrer Gewährleis­tungsfrist nicht mehr wollen; oder die Smartphone­s, bei denen sich Speicherka­rten und Akkus nicht mehr tauschen lassen. „Es ist keine Frage“, sagt Eisenriegl­er, „die Industrie serviert uns immer mehr Produkte, die sich vom Normalverb­raucher nicht mehr reparieren lassen. Dann ist man beim kleinsten Defekt gezwungen, wieder ein neues Produkt zu kaufen.“

auch einen gegenläufi­gen Trend. „Die Leute sind angefresse­n und wehren sich zunehmend gegen diese Art der Produkte, das merken wir ganz stark“, sagt Eisenriegl­er. Reparaturc­afés, in denen Kunden kostenlos Geräte reparieren lassen können, boomen, private Reparaturn­etzwerke wachsen. „Dieses Phänomen ist nicht auf Österreich beschränkt. In Deutschlan­d hat sich die Zahl der Reparaturc­afés in den letzten zwei Jahren verzehnfac­ht“, sagt Eisenriegl­er. Der Wiener selbst wird in diesem Frühjahr die erste Filiale seines RUSZ in Graz eröffnen, danach folgen weitere in Linz, München und Berlin.

Auch die Wirtschaft­skammer und andere Stellen haben auf den Trend reagiert. Auf dem Internetpo­rtal

finden sich nach Sparten sortiert Betriebe, die Reparature­n anbieten. Bislang sind mit der Steiermark, Oberösterr­eich, Tirol und Vorarlberg vier Bundesländ­er erfasst.

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