Der blaue Spagat in der Wirtschaft
Die FPÖ gibt sich ein neues Wirtschaftsprogramm. Dabei werden alte Bruchlinien in der Partei sichtbar.
FPÖ in den letzten Jahren „immer mehr zur Partei des kleinen Mannes entwickelt“, die bei Wahlen unter den Arbeitern stets stärkste Kraft ist. „Das ist ein ziemlicher Spagat“, sagt Mölzer. Dass die Partei wirtschaftspolitisch deshalb „seit Jahren hin und her springt“, ist laut Zeglovits bisher aber kein großes Problem gewesen: „Die Leute wählten ja nicht die FPÖ, weil sie an ihrem Wirtschaftsprogramm interessiert sind.“Mölzer sieht das ähnlich: „Wirtschaft und Bildung waren jahrelang Stiefkinder in der Partei, man hat sich nur auf das Zuwanderungsthema gestürzt.“Aber wer regieren wolle, so Mölzer, „muss sich breiter aufstellen“.
Zurück zum Wirtschaftsprogramm also. Zwar sprach Parteichef Heinz-christian Strache zuletzt nur von „einer Ergän- zung zum bisherigen Handbuch freiheitlicher Politik“, hinter vorgehaltener Hand klingt das allerdings anders: Einen „Meilenstein freiheitlicher Wirtschaftspolitik“nennt man das Papier, das rund 140 Seiten haben soll, in der industrienahen FPÖ in Oberösterreich.
klingt nicht unbedingt nach einem Programm für den „kleinen Mann“: Fpö-wirtschaftssprecher und Mitautor Axel Kassegger verrät im Vorfeld, dass es sich beim Papier um „ein Programm im Sinne der Wirtschaft“handle. Als Hauptzielgruppe wurden die „Leistungsträger der Gesellschaft“ausgemacht. Es sei höchst an der Zeit, Unternehmenssteuern und Bürokratie im Sinne des Wachstums zu reduzieren: „Denn wenn es der Wirtschaft nicht gut geht, können wir auch den Sozialstaat nicht finanzieren“, schrammt Kassegger nur haarscharf an einem Wirtschaftskammer-slogan vorbei.
Und der gesetzliche Mindestlohn, den Fpö-generalsekretär Herbert Kickl gerne fordert? „Der löst das Problem nicht, weil er im Endeffekt ja nur die Preise erhöht“, urteilt Kassegger kühl. Ebenfalls spricht er sich für Arbeitszeitflexibilisierung und Wettbewerb zwischen Bundesländern aus – was auch im Fpö-programm Niederschlag finden soll. Geplant ist im Programm jedenfalls eine Aufwertung der Lehre: Etwa ein „Blum-bonus neu“, wonach Unternehmen Bonuszahlungen für neu eingestellte Lehrlinge kassieren sollen. Zudem ist in der FPÖ angedacht, dass man mit einem Meistertitel automatisch Zugang zu Fachhochschulen haben sollte. Ein FPÖ-MANN aus Linz resümiert: „Das wird ein Wirtschaftsprogramm, kein Sozialprogramm.“
Daran mitgearbeitet hat auch Ex-fpö-politikerin Barbara Kolm. Die Chefin des Hayek-instituts – benannt nach Friedrich Hayek, dem Vater des Neoliberalismus – spricht auch von einer „starken marktwirtschaftlichen Komponente im Programm“. Kolm, die für einen „redimensionierten Staat“und ein kapitalgedecktes Pensionssystem eintritt, freut sich, dass in der FPÖ nun „Verständnis für wirtschaftlich Akzente da ist“.
Ist das Ganze nun ein Koalitionsangebot an die ÖVP? „Nein“, sagt Kassegger – allerdings handle es sich um ein Angebot an Klein- und Mittelunternehmer, „die auf die ÖVP angefressen sind“. Ganz ohne Risiko ist das auch in Zeiten, in denen die Regierung der FPÖ bei ihren Kernthemen Sicherheit und Migration das Wasser abzugraben versucht, nicht: „Natürlich macht man sich angreifbar mit neuen Themen, aber das muss nun eben sein“, sagt Mölzer. Wie der „kleine Mann“reagiert, werde man dann ja sehen.