Die Angst der Türken vor der Politik
freiheit vorgelegt. Sind Menschenoder Grundrechte in Gefahr, sollen Auftritte ausländischer Politiker bei uns untersagt werden. Die Lex Erdog˘an.
Schon im Vorjahr gab es Aufregung, als Erdog˘an-unterstützer in Wien auf die Straßen gingen, um zu demonstrieren. Integrationsminister Sebastian Kurz richtete ihnen aus: „Wer sich in der türkischen Innenpolitik engagieren will, dem steht es frei, unser Land zu verlassen.“
gibt es in Graz nicht. Der Großteil der Türken an der Mur sind Kurden, für sie ist Erdog˘an der Feind. Und so finden wir keinen einzigen Erdog˘an-befürworter, der als solcher in der Zeitung stehen will. Mancher sagt, er wolle die Debatte nicht befeuern, denn die Opfer des Konflikts zwischen und der Türkei seien auch die Auslandstürken: „Wir wollen hier in Frieden leben und arbeiten.“Dass Erdog˘an nicht zu Türken in Österreich reden dürfen soll, sieht ein anderer nicht ein: „Er ist demokratisch gewählt und hat das Land weitergebracht.“Auch Meinungsdruck in einer Demokratie kann einschüchtern.
Von Graz aus gebe es organisierte Busse, die Türken zu Wahlen oder dem Referendum in die Botschaft nach Wien führen, um Erdog˘an zu unterstützen. Davon hält die Psychologin Nuray Richter-kanik (58), sie lebt seit 23 Jahren in Graz, nichts: „Auslandstürken sollten beim Referendum nicht mitstimmen. Sie leben in der EU und müssen die Konsequenzen ihrer Entscheidung nicht tragen.“
Jurist, Österreicher, Gewerkschafter, Vorsitzender der steirischen Jungen SPÖ, der gerade im Grazer Wahlkampf 601 Vorzugsstimmen einfahren konnte, hat seine liebe Not mit der Vermengung von österreichischer und türkischer Politik: „Ich bin gegen diese Propaganda in unserem Land, aber kann man sie verbieten, in einem Land, wo die Meinungsfreiheit hochgehalten wird?“Und wenn ja, dann habe er noch ein ganz anderes Anliegen: „Dann muss das für alle Seiten gelten. Denn es kann nicht sein, dass kurdische Vereine in Graz für die PKK demonstrieren gehen. Die machen sich für Terroristen stark, die in der Türkei Menschen in die Luft bomben!“
Wie sehr die Türkei in die hiesige Gemeinde hineinreeuropa giert, hat Durmus im Wahlkampf gemerkt: „Türken wollten nie wissen, welche Ideen ich für Graz habe, sie haben immer nur gefragt: ,Bist du für oder gegen Erdog˘an?‘ Aber ich bin Österreicher, ich mache keine türkische Politik!“
Minister Kurz will sich nicht von Erdog˘ans Wahlkämpfern Konflikte ins Land tragen lassen. Die sind längst da. Türken debattieren auch bei uns den schmalen Grat zwischen Demokratie und Diktatur. Bittet der Journalist aber um klare Ansagen, bleiben fast alle vorsichtig.
der Islamischen Glaubensgemeinde in der Steiermark Ali Kurtgöz (52) oder auch der Lebensmittelhändler Ibrahim Akdag (63) etwa bleiben verhalten. Kurtgöz fordert: „Wenn Erdog˘an hier nicht auftreten darf, soll das für Politiker aller Nationen gelten.“Akdag wäre am liebsten, wenn in der alten Heimat „alles so bleibt, wie es jetzt war!“Nur auf eine Frage haben die Männer, die beide seit rund 30 Jahren hier leben, eine klare Antwort. Ob sie einmal zurück in die Türkei gehen wollen: „Nein!“