Die im Dunkeln sieht man nicht
MDit einem Achselzucken wehrt der Innenminister die Frage ab, wie viele Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung in Österreich eigentlich leben. Das wisse man nicht. „Eine Dunkelziffer ist eine Dunkelziffer“, antwortet Wolfgang Sobotka. Er hält sich an die Moritat in der „Dreigroschenoper“: „Man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“
Ins Scheinwerferlicht der Behörde gerieten nach Auskunft Sobotkas 3300 Personen, die kein Bleiberecht haben und Österreich verlassen müssten. Ihnen soll, wenn das verschärfte Asylgesetz auch vom Parlament beschlossen wird, die Grundversorgung gestrichen werden, sollten sie ihrer Ausreisepflicht trotz Aufforderung und Beratung nicht nachkommen. Es sei dem Rechtsstaat nicht zuzumuten, Gesetzesbruch auch noch aus Steuergeldern zu belohnen.
Nicht alle sehen es so. Die Hilfsorganisationen bildeten eine Protestfront, das rote Wien kündigte Widerstand an: Der Innenminister treibe Schutzsuchende in Obdachlosigkeit und Hunger, was letztlich in der Kriminalität ende.
Ist das nicht eine maßlose Übertreibung? Angesichts der fast 160.000 Asylanträge, die zwischen 2014 und 2016 in Österreich gestellt wurden, ist die Zahl von 3300, deren Anträge rechtskräftig abgelehnt wurden und die ausreisen müssten, gering. Der Einwand trifft zu, dass Asylverfahren lange dauern und oft bis zum Höchstgericht führen. Das Bundesamt für Fremdenwesen hat im Vorjahr immerhin über 57.000 Asylentscheidungen gefällt, davon waren 28.000 positiv und 20.000 negativ. er Rest von fast 10.000 waren „sonstige Entscheidungen“, weil die Antragsteller z. B. nicht mehr auffindbar waren. Sind sie in andere Staaten weitergezogen oder in Österreich untergetaucht?
Neu wäre das nicht. Laut Rechnungshof ist bei mehr als der Hälfte der Personen, in Summe rund 40.000, deren Asylanträge zwischen 2010 und 2014 abgelehnt wurden, nicht bekannt, ob sie Österreich tatsächlich verlassen haben.
Wie heißt es doch bei Bertolt Brecht: Die im Dunkeln sieht man nicht.
„Ist der Protest von Hilfsorganisationen gegen das geplante verschärfte Asylgesetz nicht eine maßlose Übertreibung?“