Angstfreier Blick in den Abgrund
Die Akademie Graz erfindet sich neu. Und stellt sich am neuen Standort in den Dienst breit angelegter Zusammenarbeit. Der Auftakt dazu wird heute gesetzt.
Sieht gut aus: ein großer, heller Raum, an den Wänden visuelle Poesie von Künstlern wie Claudia Klucˇaric´, Sabine Maier, Jörg Piringer, Sophie Reyer, Günter Vallaster. Hier tut sich heute Abend Gewaltiges auf: ein „Abgrund“, bereitet von Peter Strasser.
„Abgrund“nennt der Philosoph seinen Vortrag über die utopischen Potenziale einer Gegenwart am Rande der Katastrophe – betrachtet man aufreißende politische, kulturelle, soziale Klüfte als Wendemoment. Strassers Thema ist quasi maßgeschneidert: Sein Vortrag markiert einen radikalen Neustart für die Akademie Graz.
Die heuer 30 Jahre alte Kulturinstitution erfindet sich gerade neu. Sichtbares Zeichen dafür ist der neue Standort in der Neutorgasse, ein klassisches Gassenlokal mit großen Fenstern. Wo einst Schuhe und Brötchen verkauft wurden, ist das Angebot nun ungleich aufregender: Kultur mit gesellschaftspolitischem Anspruch. Präsidentin Astrid Kury und ihr Team planen die neue Akademie als Schauplatz institutionenund genreübergreifender Kooperationen im Grazer Kulturbetrieb. Anlass waren die Bedingungen, unter denen die Akademie seit 2015 agieren muss. Zur Erinnerung: Wegen des angeblich zu bildungsorientierten Programms hatte das Kulturkuratorium die Dreijahresförderung um ein Drittel (45.000 Euro) gekürzt. Was erst nach organisatorischem Abgrund aussah, erwies sich als Anlass breiter Solidarität in der Grazer Kulturszene – und als Impuls, auf der Zusammengehörigkeit von Kultur und Bildung zu beharren. Und das gleich in mehreren neuen Projekten – etwa dem „Ersten Zukunftstag Inklusion“am 7. April, den die Akademie mit Lebenshilfe und Grazmuseum veranstaltet und der Auftakt eines Schwerpunkts über Disability Studies sein wird. Selbstbestimmung und Selbstermächtigung behinderter Menschen stehen hier im Mittelpunkt. Ebenfalls längerfristig angelegt ist das Schulprojekt „Switch“zur sprachlichen, kulturellen und politischen Bildung an NMS. Finanziert wird es großteils vom Bildungsressort, aber auch vom Kulturressort. Ein überfälliges Zeichen des Entgegenkommens.