Kleine Zeitung Steiermark

Das Glück des Martin Schulz

Mit 100 Prozent der Stimmen wählte die sonst gern streitlust­ige SPD Martin Schulz zu ihrem neuen Chef.

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Eine Schreckmin­ute für Martin Schulz. Gerade hat er Investitio­nen in Kitas gefordert, da bricht im Saal Lachen aus. Warum? Hat er etwas falsch gemacht? Nein, es wurde nur auf den Leinwänden hinter ihm just in dem Moment ein Vater mit Kind auf dem Arm eingeblend­et. Schulz ist erleichter­t, dass die Heiterkeit nicht ihm galt. „Junge oder Mädchen?“, fragt er. Und sagt, das Kind werde unabhängig vom Geschlecht in die SPD aufgenomme­n.

Es bleibt nicht die einzige Überraschu­ng für Schulz auf diesem Parteitag. Die nächste ist totales Glück: 605 von 605 gültigen Stimmen bei der Wahl zum Spd-vorsitzend­en, 100 Prozent. Damit konnte Schulz – trotz aller Euphorie in der SPD – in dieser oft widerborst­igen kaum rechnen. „Ich glaube, dieses Ergebnis ist der Auftakt zur Eroberung des Kanzleramt­s“, ruft Schulz in den Saal. Jubel.

in den vergangene­n Wochen wusste Schulz natürlich schon, wie gut es ankommt, wenn er über die einfachen Verhältnis­se spricht, aus denen er kommt. Darüber, dass er „echt faul in der Schule“gewesen sei und „als junger Mann nichts als Fußball im Kopf“gehabt habe, später aber die Kurve bekommen habe. Er hat den lauten Applaus schon mehr als einmal gehört, wenn er sagt, dass die SPD die Sorgen der Menschen kennen müsse. Und wenn er ausruft: „Jeder spürt es im Saal. Die SPD ist wieder da.“

Seite an Seite ist Schulz mit dem Mann in den Saal geschritte­n, der durch seinen Rückzug die Erfolgsges­chichte von Schulz möglich gemacht hat: mit dem scheidende­n Parteichef Sigmar Gabriel. Als später die nordrhein-westfälisc­he Mipartei nisterpräs­identin Hannelore Kraft vom Rednerpult aus zu Gabriel sagt, die letzten Wochen hätten gezeigt, dass er mit seinem Schritt recht gehabt habe, schaut Gabriel nach unten und drückt sich ein verlegenes Lächeln heraus. In der Abschiedsr­ede spricht Gabriel Schulz direkt an. „Du weißt, wie die Menschen fühlen“, sagt Gabriel – und fasst sich dabei symbolisch an den Bauch. Politische Entscheide­r bräuchten nicht nur einen „kühlen Kopf“, sagt Gabriel.

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