Die Zukunft in Schwarz und Weiß
„Die Zukunft der Republik“suchte eine hochkarätige Diskussionsrunde in der Repräsentanz der Kleinen Zeitung in Wien.
Was jetzt? Ist Österreich nun heillos unreformierbar oder Heimat zahlloser verborgener Talente und Qualitäten, die nur der Entdeckung harren? Oder beides? In scharfem Hell-dunkel diskutierten Nationalbankpräsident Claus Raidl – der Hauptvertreter der dunklen Töne an diesem Abend – mit Kurt Scholz, dem positiv denkenden Präsidenten des Zukunftsfonds, Elisabeth Freismuth, der Rektorin der Grazer Kunstuniversität, dem kompromissbereiten Professor Gottfried Haber von der Universität Krems und Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP).
Im Herbst des Vorjahres hatte Schützenhöfer zum Symposion „Österreich 22“nach Graz geladen, um mit heimischen Geistesgrößen in Ruhe über langfristige Probleme reden zu können. Die Ergebnisse liegen nun als Magazin in der „Edition Kleine Zeitung“vor, zu dessen Präsentation die Runde in der Wiener Repräsentanz der Kleinen Zeitung zusammenkam.
Das Turnier eröffnete Claus Raidl mit einem Rundumschlag: „Das Land ist in seiner Realverfassung wie auch in der geschriebenen nicht regierungsfähig und nicht lösungsorientiert“, sagte er. Zerstritten mit allen Nachbarn und im Inneren zerrissen zwischen staatsgläubigen Etatisten und Marktfreunden sei keine Reform mehr möglich. „Die Krise von 2008 ist zu kurz gewesen“, sagte Raidl provokant. Der durch sie generierte Reformdruck habe nicht für die Umgestaltung des Landes gereicht.
Die Gegenposition baute Kurt Scholz auf, lange Jahre Landesschulratspräsident in Wien und heute Präsident des Zukunftsfonds der Republik. „Vergessen wir nicht, welche Qualität das Leben in diesem Land hat“, formulierte Scholz. Die Lebenserwartung sei um zwanzig Jahre gestiegen und überhaupt könne man ohne Optimismus nicht leben. Hubert Patterer, zu einem Kommentar zur Schulpolitik aufgefordert, brach Scholz sein Schweigegelübde zu Bildungsfragen und wich auch gleich von seiner Forderung nach positivem Denken ab. „Was jetzt gemacht wird, geht an den Kernproblemen des Bildungswesens um Lichtjahre vorbei“, sagte er. Es sei grotesk, dass die Clusterbildung von Schulen das wichtigste Thema sein sollte. Es ist, als würde man einen Krebskranken an den Hühneraugen operieren, sagte Scholz resigniert.
Um Optimismus bemühte sich die Rektorin der Grazer Kunstuniversität, Elisabeth Freismuth. Unter den zehn bes- Komponisten der Gegenwart seien drei, die von ihrer Universität kommen, sagte sie stolz und warnte davor, das Land schlechtzureden. „Versuchen wir doch, aus der Jammerhaltung herauszukommen“, formulierte sie. Wir sollten lieber fragen, wo wir erfolgreich sein können und wollen. Für die langfristige Entwicklung des ihr anvertrauten Sektors wäre es wichtig, mehr für die Jugend zu tun. „Wir müssen aufpassen, dass wir den österreichischen Nachwuchs in Zukunft noch haben“, sagte Freismuth. Auch neues Publikum müsste herangebildet werden.
Hermann Schützenhöfer verwies auf die Methode, die sein Vorgänger Franz Voves und er in der Steiermark ausprobiert haben. „Wir haben nicht nach den Strukturen gefragt und die Gewerkschaften haben gegen uns protestiert“, erinnerte er sich an die Reformprojekte der letzten Legislaturperiode. Die Regierung in Wien hält er für besser als ihren Ruf. Sie sollte bis Herbst 2018 regieren, findet Schützenten