Sag zum Abschluss leise Bye-bye
Es ist ein handschriftlicher Anfang über einem förmlichen Ende: „Dear President Tusk“. Der Abschiedsbrief aus London an die Europäische Union kommt fast warmherzig daher, mit einer persönlichen Note von Premierministerin Theresa May. Ein wenig zu liebevoll verschnörkelt sind ihre Buchstaben vielleicht, immerhin steht doch eine schmerzvolle Scheidung vor der Tür. Und wenn sich die beiden Seiten nicht einig werden, droht gar ein Rosenkrieg nach 44 Jahren Partnerschaft.
So also nahm der „liebe Präsident“Donald Tusk das historische Dokument am Mittwoch aus den Händen des britischen Eu-botschafters Tim Barrow etwas wehmütig entgegen. „Was soll ich noch sagen? Wir vermissen euch jetzt schon.“Manchmal fehlen schlicht Worte, um auszudrücken, was bis wenige Stunden vor dem 23. Juni 2016 noch als unaussprechlich galt. Eine Insel driftet ab. Aber Achtung! Ist da nicht ein schelmischer Blick in den Augen des Gesandten zu sehen? Töte nie den Boten der schlechten Nachricht! Heißt es. Was aber, wenn der Botschafter die Botschaft mitträgt – in beiderlei Sinn. Die Insel ist gespalten. Es gibt nicht nur Tränen, auch Jubel – über einen Brief, der neun Monate zum Werden gebraucht hat.
Mit ihrer Unterschrift hat May ein Zeichen gesetzt. Sie hat Geschichte geschrieben, ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ob es lesenswert wird, hängt auch vom Empfänger ab und davon, ob dieser die Botschaft hinter der Botschaft verstanden hat. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ruft jedenfalls den Rest der noch immer ansehnlichen 27 zum Zusammenhalt auf. Jetzt erst recht. Die EU werde ein starkes Bündnis bleiben – auch ohne Briten. Auch May ruft ihre Briten zum Zusammenhalt auf. Das wird schon schwerer. Die Schotten wollen anders, die Nordiren auch und selbst um den kleinen Affenfelsen Gibraltar gibt es ein Affentheater.
Und dann versucht sich der traurige Tusk doch schon wieder in feinklingigem Humor. Brüssel wird nicht auf Konfrontationskurs gehen. „Der Brexit selbst ist schon Strafe genug.“