Jihadist aus Graz: „Wollte nur schauen“
Zwei Angeklagte im Grazer Jihadistenprozess erschienen gestern nicht vor Gericht. Nur einer stellt sich der Anklage.
Emrullah K. (26) sitzt einsam auf der Anklagebank im Grazer Schwurgerichtssaal. Er stellt sich der Anklage: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation. Seine zwei Freunde und Reisegefährten nach Syrien sind nicht greifbar.
Zu dem einen hat die Pflichtverteidigerin noch gar keinen Kontakt herstellen können. Der andere ist laut E-mail an seinen Verteidiger in der Türkei, wo ihm Anwälte geraten hätten, wegen der „antiislamischen Stimmung in Österreich“vorerst nicht nach Graz zu kommen. Der Staatsanwalt kündigt Haftanträge an.
Österreicher, geboren in der Türkei, aufgewachsen in Graz. Im April 2013 war er mit seinen Freunden in Syrien im Grenzgebiet zur Türkei. Schon der Abschluss der Vorarbeiten zu dieser Reise erfülle den Tatbestand der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, betont der Staatsanwalt. „Ich wollte nicht kämpfen“, hält der Angeklagte dagegen. Er habe sich nur das Gebiet ansehen wollen, in dem er nach Ende des Bürgerkriegs leben wollte.
Als Jugendlicher war er ein Suchender: Heute trägt er legere Kleidung und lässigen Dreitagebart, der lange Bart vergangener Jahre ist weg. Er besuchte die Grazer Furkanund die Wiener Altun-alemmoschee, hörte die bekannten Prediger wie Mirsad O. (20 Jahre Haft, nicht rechtskräftig). Er wurde zu einem Arabischkurs nach Kairo vermittelt (von einem deutschen Islamisten), „um die Quellen lesen zu können“.
Aber Ägypten war nichts für ihn. „Es war dreckig. Die Leute hielten sich an keine Verträge.“– „Sie schätzen also schon an Österreich, dass es einen funktionierenden Rechtsstaat gibt?“, fragt die Richterin. – „Natürlich.“Aber er fühlte sich hier eingeengt, „die soziale Akzeptanz fehlte mir“. Ein „Kurzschluss“sei die Syrienreise gewesen. Man flog im selben Flugzeug nach Ankara, buchte aber separat. Zwei Vermittler organisierten den Grenzübertritt nach Syrien.
dass die drei einige Tage im Lager einer Issplittergruppe verbrachten. Für ihn seien das „nur Rebellen“gegen Assad gewesen. Sie kehrten heim, ohne den Treueeid zu leisten. Ein vierter Grazer Türke kam später verwundet zurück (12 Jahre Haft). „Ist bei Ihnen noch Sympathie für den IS da?“, fragt der Staatsanwalt. „Nein, war auch nie.“Und die vielen IS- und Tötungs- und Folterbilder auf seinem Handy, die muss ihm irgendwer geschickt haben. Unbemerkt. Der Prozess dauert bis Donnerstag.