Ich widersetze mich jedem Meinungsdiktat
In seinem einzigen Interview zum 30-Jahr-jubiläum der Weltmarke Red Bull übt Firmenchef Dietrich Mateschitz (72) heftige Kritik an der politischen Klasse in Österreich. Er wirft den Regierungsparteien Versagen im Management der Migrationsströme vor. Die s
FINTERVIEW. ür das Gespräch lädt der Gastgeber auf seine abgeschiedene Lieblingsalm in der Obersteiermark. Der Weg führt über Forstwege hinauf auf eine Anhöhe, die den Blick auf ein prachtvolles Bergpanorama freigibt. Kein anderes Gehöft ist in Sichtweite, das sei ihm wichtig gewesen. Zu hören ist das helle Plätschern des Brunnens vor dem äußerlich schlichten Refugium. Das alte Holz in den Stuben stammt von abgetragenen Bauernhöfen. Am Eingang Sportschuhe und Mountainbike-ausrüstung. Vor dem Gebäude steht ein Land Rover Defender, Kultvehikel mit Salzburger Kennzeichen. Dahinter ein Marterl. Erfolg, der da abgebildet wird, ist in Wahrheit nicht relevant, wird einem als normalem Menschen auch nie bewusst, Gott sei Dank. Man gründet ja nicht ein Unternehmen mit dem Ziel, auf eine „Forbes“-liste zu kommen. Man hat Ideen, die versucht man zu verwirklichen. Wenn Leute solche Summen lesen, stellen sie sich vor, du sitzt mit deinen elf oder mehr Milliarden da wie Dagobert Duck auf seinem Golddukatenspeicher. Das ist natürlich kompletter Unsinn. So ist es. Nur beim mehr als theoretischen Verkauf des Unternehmens würde sich eine neue Verantwortung ergeben, eben die der richtigen Veranlagung. So ist meine Verantwortung, dass ich ein paar Hundert Millionen Steuern zahle, für 12.000 Mitarbeiter verantwortlich bin, dass wir wieder Formel-1-weltmeister werden und im Fußball und vielen anderen Bereichen Erfolg haben wollen, dass wir im Marketing und bei der Finanzierung keine Fehler machen, langfristig und richtig planen und so weiter und so fort. Das bedeutet, Geld ist nur der Gegenwert erforderlicher Investitionen, Anschaffungen, Dienstleistungen. Es steht nur auf dem Papier. Das wird mir nur bewusst, wenn mich jemand darauf anspricht. Es ist schon richtig, dass ich ein Faible für schöne, einzigartige Plätze habe – um mich daran zu erfreuen, aber auch, um darauf aufzupassen. Und natürlich hab ich eine Leidenschaft fürs Fliegen. In grauer Vorzeit habe ich einmal salopp gesagt, ich wäre froh, wenn ich möglichst viel Steuern zahlen dürfte, weil dann würde die Hälfte immer noch mir gehören. Es ist zwar nicht mehr ganz die Hälfte, aber ich zahle selbstverständlich und nahezu gerne in Österreich. Wir gehören auch nicht zu den Unternehmen, die ein Dutzend Konstrukte zur Steuerersparnis nutzen. Wir haben keine Einkaufsgesellschaft in Hongkong, keine Markenregistrierung auf den Cayman Islands, nichts in Panama oder wo auch immer. Das Welteinkommen wird hier in Österreich versteuert. Umso kritischer sollte man sich ansehen, wie mit den Steuern umgegangen wird. Im Großen und Ganzen falsch, und das in vielen Bereichen. Wir haben trotz einer der höchsten Besteuerungen unglaubliche Staatsschulden und vergrößern sie, anstatt sie zu verkleinern. Ich bin altmodisch groß geworden. Meine Mama hat zu mir gesagt: Fremdkapital sind Schulden und Schulden macht man nicht! Ich weiß, was man auf Hochschulen lehrt: zwei Drittel Fremdkapital, ein Drittel Eigenkapital. Aber jetzt lassen Sie den Umsatz im Dezember etwas geringer ausfallen und die Zinsen parallel leicht steigen, und schon haben Sie mehr als nur ein Problem. Außerdem investiert man das Geld, das man verdient hat, und nicht das Geld, das man vielleicht einmal verdienen wird. Wir haben heuer das dreißigste Jahr Red Bull und außer zur Umsatzfinanzierung hatten wir noch nie Bankschulden. Das weltweite Ausrollen von Red Bull haben wir zeitlich unserem Cashflow angepasst.