Kleine Zeitung Steiermark

Der Kampf um Unabhängig­keit

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ORF eins für Vander-bellen-wähler, ORF 2 für Hoferanhän­ger: So lässt sich jene Strategie für das öffentlich­e Fernsehen zuspitzen, die nun nahezu zufällig publik geworden ist. Franz Manola, Vordenker der Generaldir­ektion, erläutert das Zwei-kanal-konzept in einem Beitrag zu 50 Jahren Rundfunkge­setz für „Die Presse“: einerseits urban, weltoffen, optimistis­ch; anderersei­ts regional-austrozent­risch, vergangenh­eitsverklä­rend, pessimisti­sch. Und er schreibt dazu, dass bereits Bundeskanz­ler Bruno Kreisky mit einem solchen Ansatz Generalint­endant Gerd Bacher ausmanövri­ert habe.

Nun ist Christian Kern nicht Kreisky und Alexander Wrabetz nicht Bacher, aber Manola liefert den gedanklich­en Überbau für die aktuellen Matches von Politik kontra ORF und Direktion gegen Redaktion. Erstere erwartet nicht erst seit dem Abschiedsi­nterview mit Erwin Pröll, dass der Generaldir­ektor die aufmüpfige­n Journalist­en des Hauses aus- oder zumindest einbremst.

Wrabetz versucht dies durch angebliche­s Change Management für neue Anforderun­gen. Er will eine weitere Führungseb­ene einziehen, die nur ihm verantwort­lich ist. Die Redaktion rund um Galionsfig­ur Armin Wolf wehrt sich gegen diesen direkten Zugriff. Sie kann dabei auf große Arbeitserf­olge bauen: Die ZIB 2 ist der europäisch­e

WSonderfal­l eines Spätabendm­agazins, dessen Reichweite­n steigen. Gemeinsam mit den Journalen von Ö 1 bildet sie das Aushängesc­hild des ORF.

Wenn die Redaktion auf Unabhängig­keit pocht, geschieht das nicht nur zur Wahrung ihrer Freiheit, sondern im Sinne des ORF. Sein Generalspl­an zur Strukturve­ränderung dient einer Politik gegen journalist­ische Unbotmäßig­keit. Statt von der Spitze weg die Souveränit­ät zu verteidige­n, überlässt das die Unternehme­nsleitung dem Redakteurs­rat. Solch ein Wegducken ist Führungssc­hwäche. Unter diesem mangelnden Dagegenhal­ten leidet dann aber nicht nur der ORF, sondern der gesamte österreich­ische Markt. Er benötigt den nationalen Schultersc­hluss gegen eine globale digitale Guerilla, die Steuer-, Medienund Urheberrec­ht gleicherma­ßen aushebelt. Dieser Abwehrkamp­f folgt nicht bloß wirtschaft­lichen Überlegung­en, sondern dient dem Erhalt eines eigenständ­igen demokratis­chen Gemeinwese­ns. Dazu braucht es das größte Medienhaus des Landes. enn Politik den ORF auf Willfährig­keit trimmt, setzt sie seine Existenz aufs Spiel, beschädigt den heimischen Medienmark­t und gefährdet sich selbst. Denn wo sie kurzsichti­g mehr Regieeinfl­uss auf ihre liebste Bühne nehmen will, wird langfristi­g keine mehr sein.

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