Das Schreckgespenst Europas
Marine Le Pen hat sich den Wahlsonntag wohl anders vorgestellt. Zwar schafft sie – was ihrem Vater nur einmal 2002 geglückt ist – den Einzug in die Stichwahl. Auch schneidet sie ungleich besser ab als Jeanmarie Le Pen (16,8 Prozent). Knapp 22 Prozent im ersten Durchgang sind angesichts des tiefen Unbehagens der Franzosen gegenüber dem politischen Establishment ein enttäuschendes Ergebnis. In allen Umfragen lag der Front National deutlich besser, der Aufstieg des Linkspopulisten Jean-luc Mélenchon setzte nicht nur den Sozialisten, sondern offenkundig auch Ma- rine Le Pen zu. Die Hoffnungen, ein wenig nach dem Vorbild von Norbert Hofer im ersten Durchgang klar vorn zu liegen und eine überraschende Dynamik zu entfalten, hat sich nicht erfüllt. Nach dem Schulterschluss der Konservativen mit Macron (Cordon sanitaire) ist das Élysée, der Präsidentenpalast in Paris, außer Reichweite.
Marine Le Pen hat seit der Machtübernahme versucht, dem Front National ein bürgerliches Image zu verpassen. Vor allem zog sie eine klare Linie zur Ns-zeit und der dunklen Phase der französischen Kollaboration. In Europafragen blieb sie auf einem strammen Antieu-kurs. Anders als die FPÖ ließ sie keine Zweifel an ihrem Wunsch eines Austritts Frankreichs aus der EU bzw. aus der Euro-zone.
Madame Le Pen ist 49 Jahre alt und die jüngste von drei Töchtern von Jean-marie Le Pen. Nach dem Jusstudium absolvierte sie die Anwaltsprüfung und übte den Beruf auch einige Jahre aus. Seit 2004 gehört sie dem Eu-parlament an, seit 2011 steht sie an der Spitze des von ihrem Vater gegründeten Front National. Le Pen hat drei Töchter und ist zweifach geschieden.