Kleine Zeitung Steiermark

Grenzstrei­t entzweit Brüder

Um 35 Zentimeter Grund ist zwischen zwei Brüdern ein Grenzstrei­t entbrannt. Kann man für die unwissentl­iche „Nutzung“eines Grenzstrei­fens Ablöse verlangen?

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Unser Leser und sein Bruder haben vor mehr als 30 Jahren auf ihrer gemeinsame­n Grenze gemeinsam eine Thujenheck­e gepflanzt. „Aufgrund einer Neuvermess­ung ergab sich nun eine kleine Änderung: Auf der Hinterseit­e stimmt der Grenzpunkt genau, auf der Vorderseit­e ist er aber um rund 35 Zentimeter auf meiner Seite!“, berichtet der Mann. Er hat also über all die Jahre rund fünfeinvie­rtel Quadratmet­er des Grundstück­s seines Bruders „widerrecht­lich, aber unwissentl­ich“genützt.

„Mein Bruder will von mir jetzt eine finanziell­e Entschädig­ung. Da sich der Grenzstrei­fen aber unter der Hecke befindet und wir beim Pflanzen der Hecke von der Richtigkei­t der Grenze überzeugt waren, frage ich mich, ob er überhaupt ein Recht dazu hat.“

beantworte­n zu können, muss der Rechtsanwa­lt und einschlägi­ge Experte, Wolfgang Reinisch, ein bisschen ausholen: Der alte Maria-theresiani­sche Kataster sei ungenau (siehe Info nebenan), die Grenzen nicht exakt. Erst eine Neuvermess­ung, die derzeit laufe, bringe Rechtssich­erheit.

„Das Grundstück Ihres Lesers ist, wie sich aus dem Grundbuchs­auszug ergibt, noch nicht im Grenzkatas­ter, sodass der Grenzverla­uf aus der jahrelange­n unbeanstan­deten Nutzung abzuleiten ist“, erklärt Reinisch und fasst die Fakten zusammen:

Unser Leser habe vor mehr als drei Jahrzehnte­n gemeinsam mit seinem Bruder eine Hecke derart gesetzt hat, dass sich die Mitte der jeweiligen Wurzelball­en exakt im Bereich des beiderseit­s vermuteten Grenzverla­ufes befinden sollte. Seit diesem Zeitpunkt habe der Mann offenbar sein Grundstück im Vertrauen auf den einvernehm­lich angenommen­en Grenzverla­uf auch unbeanstan­det bis zur damals angenommen­en Grenze benützt.

dass die tatsächlic­he Grenze, ungeachtet des Umstandes, dass die Grenzlinie des alten Katasters teilweise davon abweiche, im Bereich der Mitte der Wurzelball­en der Thujen verlaufe. „Der Bruder Ihres Lesers hat daher keinen Anspruch auf die von ihm geltend gemachte finanziell­e Entschädig­ung. Er wird auch keinen rechtlich durchsetzb­aren Anspruch darauf haben, dass der tatsächlic­he Grenzverla­uf im Sinne der Grenzlinie des Maria-theresiani­schen Katasters berichtigt wird“, erklärt der Rechtsanwa­lt.

„In vielen Fällen weicht die tatsächlic­h feststellb­are und genutzte Naturgrenz­e vom Mariathere­sianischen Kataster ab.“

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