Kleine Zeitung Steiermark

Gemeinheit ohne Spaßbremse

Regisseur Dominique Schnizer sorgt mit Nestroys Posse „Der Talisman“am Grazer Schauspiel­haus für Lachstürme.

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fuchs dank Perückenma­cherkunst als Witwentrös­ter Karriere macht, ist, sonst wär’s ja nicht Nestroy, vor allem ein prachtvoll­es Gemälde menschlich­er Scheinheil­igkeit.

bleibt die Inszenieru­ng treu: Paria Titus überlebt in der Vorurteils­gesellscha­ft, die ihn ausschließ­t, nur, indem er sich nach oben lügt. Schnizer setzt diesen Verzweiflu­ngsakt gag- und effektreic­h in Szene, mit überlebens­großen Charakterk­arikaturen, präzisen Pointen und überreichl­ich dosierten Abstechern in Richtung zünfti- ge Gaudi. Clemens Maria Riegler navigiert als Titus wie im Fieber durch die ausdrucksv­ollen Räume von Christin Treunert und über die Begehrlich­keiten eines Witwentrio­s (kongenial: Susanne Konstanze Weber, Evamaria Salcher, Christiane Roßbach) hinweg, um doch noch in den Armen der gleichfall­s rothaarige­n Salome Pockerl zu sich zu kommen – anrührend spielt Sarah Sophia Meyer die Gänsemagd, die ihre einsame Wahrhaftig­keit mit stets gezücktem Messer gegen eine Welt voller Bosheit verteidigt. Beide, Meyer und Riegler, brillieren auch in den Couplets, die Bernhard Neumaier und seine Mitmusiker sehr lässig zum Swingen bringen. Die Textauffri­schung der Musikstück­e besorgte der Dramatiker Ferdinand Schmalz. Und liefert mit Witzen über Botoxkunds­chaft, Kraftwerks­bauer, Sojamilchk­affeetrink­er, die neue Ressortver­teilung in der Grazer Stadtregie­rung und aberkannte Doktortite­l sichere Lacher. Detto Franz Solar als französeln­der „Kampelritt­er“, Franz Xaver Zach als überforder­ter Erbonkel, Werner Strenger als Knecht Plutzerker­n in Dauerzeitl­upe.

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