Gegen die vielen Wüsten der Phantasielosigkeit
DKonsequent und vielfach verschlungen zugleich ist André Hellers Weg zum Universalkünstler, der in seiner weiten Künstlerseele den Chansonnier und Aktionisten ebenso vereint wie den Impresario, Autor, Dichter und Schauspieler. Der Karriereweg von André Heller, der am 22. März 1947 in Wien geboren wurde, begann als Moderator der legendären „Ö3-musicbox“, wo er sich vor allem durch Sarkasmen eine große Fangemeinde schuf. Wie konsequente Wanderungen durch die vielen Wüsten der Phantasielosigkeit wirken all seine weiteren Aktivitäten, die ihn rund um die Welt führten und ihm den Beinamen „Ermöglicher von Wundern“einbrachten. Im Vorjahr fand Heller eine zweite Bleibe in der Nähe von Marrakesch. unendlicher Kosmos der Möglichkeiten.
Bereits der Internatsschüler in „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“setzt sich über die Beschränkungen der geschlossenen Anstalt hinweg, indem er die Briefe, die er seinem stoppellockigen Schwarm schreibt, zu Papierflugzeugen faltet. „Wenn sie durch die Lüfte segelten, rief ich ihnen nach: Hopp, hopp, ihr Wolkenpferdchen, findet rasch zum Herzen des Fräuleins!“Später versteht der Erwachsene die Erfüllung erotischer Sehnsüchte als „einzige Art von Fliegen …, derer er Menschen aus eigener Kraft für fähig hielt“(„Das Buch vom Süden“).
Es muss nicht wirklich und buchstäblich geflogen werden.
Entscheidend ist der Impuls dazu, der die Energie, die erstarrten Verhältnisse zum Tanzen bringt. Ein „Schwebendmacher“möchte er sein, bekennt der Icherzähler in der Kurzgeschichte „1959“, und dieses Zutrauen zum prekären Zustand des Schwebens ist letztlich der schwankende Boden, auf den Heller sein ganzes Wirken gründet.
Im „Buch vom Süden“fasst er diesen Zustand in eine Anekdote um den berühmten Tänzer Vaslav Nijinsky. Der wird eines Tages gefragt, „ob es nicht schwierig sei, quasi zu schweben“. Und er antwortet ganz ernsthaft: „Nein, nein, nicht schwierig. Man muss nur hochspringen und oben in der Luft ein bisschen warten.“