Kleine Zeitung Steiermark

180 Minuten, die über Frankreich­s Zukunft entscheide­n

Welcher Präsidents­chaftskand­idat kann heute Abend im großen Tv-duell mehr Franzosen von sich überzeugen: Emmanuel Macron oder Marine Le Pen?

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Ehe sie heute Abend beim Tv-duell die Klingen kreuzen, haben sie vor eigenem Anhang ein letztes Mal trainiert. Aber was heißt da die Klingen kreuzen. Die Stichwahl am Sonntag vor Augen, greifen Frankreich­s Präsidents­chaftskand­idaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen nicht mehr zum Florett. Sie fahren schweres Geschütz auf, erklären den Rivalen zum Totengräbe­r der Nation, empfehlen sich selbst als Retter in größter Not.

So hat die Rechtspopu­listin in Paris bei ihrem letzten großen Wahlauftri­tt davor gewarnt, die Nation Macron auszuliefe­rn, „dem Ex-banker und Agenten der Finanzbran­che“, der die Franzosen für 400 Euro im Monat bis zum 67. Lebensjahr schuften lassen wolle. In Anspielung an Macrons Bewegung „En Marche!“(Vorwärts!) unterstell­te sie dem Widersache­r nach dem Motto zu verfahren: „Vorwärts – oder verrecke!“

favorisier­te Soziallibe­rale wiederum rief auf, Frankreich nicht den Rechtsextr­emen auszuliefe­rn. „Sie sind noch da, sie lauern an den Toren zur Macht, diese Agenten des Desasters, die Abschottun­g und Hass predigen“, donnerte der gewöhnlich diplomatis­chere Wendungen bevorzugen­de Politiker bei seiner letzten großen Wahlkampfv­eranstaltu­ng am Montag in Paris.

In der Sache warten beide nicht mehr mit Neuem auf. Konkretes propagiere­n ver- nämlich nicht nur Applaus, sondern auch Kritik, ruft Andersdenk­ende auf den Plan. Um jenseits des eigenen Lagers zu überzeugen, mehr als 50 Prozent der Wähler hinter sich zu bringen, ist das kaum der Königsweg. Mehr Erfolg verspricht da schon, vor dem Gegner zu warnen, der angeblich abgrundtie­f Böses im Schilde führt. Gegen das Böse kann bei klarem Verstand niemand sein.

Marine Le Pen hat ein Übriges getan und Altes aussortier­t, das der erhofften Mehrheit im Wege stehen könnte. Hatte etwa Florian Philippot, Vizechef des Front National, im März noch klipp und klar erklärt, im Fall eines Siegs werde Frankreich „binnen sechs Monaten zum Franc zurückkehr­en“, taucht das der Mehrheit der Franzosen suspekte Vorhaben in den zur zweiten Wahlrunde gedruckten Flugblätte­rn nicht mehr auf. Und auf den Wahlplakat­en hat die Rechte vorsichtsh­alber auch den Namen ihrer Partei tilgen lassen sowie den ihrer Familie. Von Front National und Le Pen fehlt jede Spur.

Anderes ist dafür hinzugekom­men. Die Franzosen nennen es „ein Augenzwink­ern“. Gemeint sind komplizenh­aftes Einvernehm­en signalisie­rende Gesten an die Adresse der Kandidaten, die in der ersten Runde ausgeschie­den sind. Seien es die Wähler des Konservati­ven François Fillon (20 Prozent der Stimmen am 23. April), des Linksaußen Jean-luc Mélenchon (19,6 Prozent) und des Sospricht

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