Schlechter Zeitpunkt für starke Frauen
EGinen schlechten Zeitpunkt haben sich die Organisatorinnen des neuen Frauenvolksbegehrens ausgesucht. 20 Jahre nach Sammlung von 644.665 Unterschriften für Gleichberechtigung mahnt eine neue Generation die Nichterfüllung der Frauenrechte ein. Doch die SPÖ übertönte das Anliegen. Die Demontage von Michael Häupl beherrschte die öffentliche Bühne am langen 1.Mai-wochenende. Die Erinnerung an das Ende der Ära Faymann und 100 Tage Trump im Amt verdrängten endgültig die berechtigten Forderungen – vorgebracht von Maria Stern, Teresa Havlicek und Schifteh Hashemi. Frauen werden hintangereiht, wenn männliche Rivalen den Ring betreten. Unsichere Zeiten verlangen noch mehr nach starken Männern und alten, vermeintlich bewährten Mustern.
Dass ausgerechnet die SPÖ Frauenforderungen kommunikativ aushebelt, ist doppelte Ironie: Sie sieht sich heute noch als die Partei der Emanzipation. Mit der Feministin Johanna Dohnal stellte sie die erste Staatssekretärin und Frauenministerin. Modernes Familienrecht, gemeinsamen Schulunterricht, Fristenlösung, Frauenhäuser und vieles mehr setzte die SPÖ auf Dohnals Drängen um. Doch seit 1997 sind trotz vier sozialdemokratischer Bundeskanzler kaum Fortschritte erkennbar. Heute sind alle drei Ministerinnen politische Quereinsteigerinnen – so viel zum Stellenwert von Frauen in Parteien. Frauenministerin Pamela Rendi-wagner ist Qualifikation und Engagement für das Thema nicht abzusprechen, doch sie wurde wegen Eignung fürs Gesundheitsressort gewählt. leicher Lohn für gleiche Arbeit; wertgeschätzt statt plakatiert; mit dabei statt mitgemeint – diese Slogans für das neue Volksbegehren haben noch dieselbe Berechtigung wie 1997. Wenn Verteilungskämpfe stärker werden – um Geld, Jobs, Macht und Aufmerksamkeit –, bleibt die Stellung von Frauen schwächer. Das zeigt auch ein Blick in die sogenannten sozialen Medien: Die Angriffe auf Autorin Stefanie Sargnagel oder die Journalistinnen Corinna Milborn und Ingrid Thurnher sind ein entlarvendes Signal für den öffentlichen Stellenwert von Frauen – die eine eigene Meinung haben.
„Frauen werden hintangereiht, wenn männliche Rivalen den Ring betreten. Unsichere Zeiten verlangen nach starken Männern.“