Gewagt und gewonnen
Der Sozialliberale Emmanuel Macron, der vor gut einem Jahr erst den Élysée-palast ins Visier nahm, hat ihn am Sonntag erobert.
Da ist es wieder, dieses jungenhafte Lächeln. Freudiges Erstaunen spricht daraus. „Nicht zu glauben, es hat geklappt“, scheint sich Emmanuel Macron zu sagen. Frankreichs Präsident ist er nun, der mit 39 Jahren jüngste Regent des Landes seit Napoleon.
Vor gut einem Jahr erst hatte er seine Bewegung En Marche! (Vorwärts!) gegründet und angekündigt, den Franzosen jenseits der von Sozialisten und Konservativen ausgetretenen Pfade Wege in die Moderne aufzeigen zu wollen. Und da steht er jetzt auf einer dieser Bühnen, wie man sie von Open-airkonzerten kennt, hinter sich die Glaspyramide des Pariser Louvre, vor sich Tausende tanzender, hüpfender, die Trikolore schwenkender Anhänger. Er hat alles übertroffen, was die Meinungsforscher ihm zugetraut hatten. Auf 66 Prozent der Stimmen hat er es gebracht, seine Widersacherin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, überraschend klar distanziert.
Eben noch war Beethovens neunte Symphonie erklungen. „Freude schöner Götterfunken“– was hätte besser beschreiben können, was die hier Zusammengekommenen empfinden? Scheinwerfer spielen mit den Landesfarben, tauchen die Menschen in blaues, dann in weißes oder rotes Licht.
Macron reißt die Arme hoch. Dank zweier gigantischer Bildschirme ist die Geste bis weit in die nachtschwarzen Tuilerien auszumachen, die zwischen Louvre und dem Place de la Concorde liegenden Parks. Der Sieger dankt den Versammelten, von denen viele ihn beim atemberaubend steilen Aufstieg unterstützt haben. „Eure Energie, euer Enthusiasmus, das ist die Energie des französischen Volkes“, ruft der neue Präsident in die Menge. „Europa, die Welt blickt heute auf uns.“
Bevor Macron beim Louvre eintraf, war nicht einmal der Anflug eines Lächelns zu entdecken gewesen. Staatstragende Töne schlug Frankreichs neuer Staatschef da an. In einer aus der Wahlkampfzentrale übertragenen Fernsehansprache versprach er, er werde ein „Präsident aller Franzosen“sein, auch derer, die von „Angst, Zorn, Zweifeln“heimgesucht für Marine Le Pen gestimmt oder sich der Stimme enthalten hätten. Die mit 75 Prozent rekordverdächtig niedrige Wahlbeteiligung wirft einen Schatten auf das glanzvolle Resultat.
Die Verliererin macht es kurz. Im Chalet du Lac, einem Anwesen im Osten von Paris, tritt sie ins Rampenlicht. Sie versucht sich an einem Lächeln. Es will nicht gelingen. „Ich wünsche