Kleine Zeitung Steiermark

Der digitale Atemstills­tand

Das Erpressung­svirus Wannacry legte sogar ein Renaultwer­k komplett lahm, Experten registrier­en erste Lösegeldza­hlungen. Microsoft spricht von „Weckruf“für Regierunge­n.

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Ein Junge mit Lockenkopf, der gemeinsam mit Eltern und Geschwiste­rn an der Küste Englands wohnt, gerne surft und Pizza isst. Lange lief die Lebensgesc­hichte des Marcus Hutchins in geordneten Bahnen, bevor ein digitaler Orkan so ziemlich alles durcheinan­derzeigeta­feln Heute feiert die globale It-welt den 22-Jährigen als „zufälligen Helden“und britische Journalist­en belagern das Zuhause des It-spezialist­en, der seine Karriere mit dem Aushebeln von Sperren auf Schul-pcs startete.

Was war passiert? Hutchins hat es am Wochenende geschafft, die Ausbreitun­g des brandgefäh­rlichen Erpressung­svirus (wir berichtete­n) einzudämme­n. Und zwar tatsächlic­h mehr oder weniger zufällig. Der Brite hatte den Code des Schadprogr­amms durchforst­et und dort eine freie Internetad­resse entdeckt, die er kurz darauf kaufte und aktivierte. Das reichte, um den Schädling zu paralysier­en, mehrere Zehntausen­d Computer konnten dadurch vor der gefährlich­en Verschlüss­elung geschützt werden.

Die Auswirkung­en von Wannacry – die Strafverfo­lgungsbehö­rde Europol spricht von einem Cyber-angriff, dessen Ausmaß „bislang einmalig“gewesen sei – sind dennoch gigantisch. Schon jetzt sollen 75.000 Rechner in 100 Ländern lahmgelegt sein, insgesamt könnten gar 200.000 Systeme in 150 Ländern infiziert sein. Auch erste Lösegeldza­hlungen von Betroffene­n wurden registrier­t, wenngleich diese mit rund 30.000 Dollar noch gering ausfallen. Umso größer scheint dafür die politische Debatte, die nun in Gang kommt. In Deutschlan­d, dort fielen etwa bei der Bahn Anwirbelte. und Fahrschein­automaten aus, wird der Ruf nach Gesetzesve­rschärfung­en lauter. Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt nennt den digitalen Schutz wichtiger Infrastruk­tur gar eine „existenzie­lle Frage“.

Microsoft-manager Brad Smith den Regierunge­n dieser Welt eine Mitverantw­ortung am Hackerangr­iff gegeben. Die Behörden hätten nicht vor den von ihnen entdeckten Softwaresc­hwachstell­en gewarnt und Zivilperso­nen so in Gefahr gebracht. „Die Regierunge­n der Welt sollten diesen Angriff als Weckruf begreifen“, betonte Smith in einem Blog-beitrag.

Ein millionens­chwerer Weckruf ist die Attacke jedenfalls für Renault. Der französisc­he Autowannac­ry

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