Kleine Zeitung Steiermark

Der lange Weg zum kurzen Abschied

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ESSAY. Die Spöövp-regierung prägte als Sinnbild der „immerwähre­nden Nachkriegs­zeit“über Jahrzehnte das Land. Jetzt regelt sie nur mehr ihren Nachlass. Nachruf auf eine Institutio­n.

dräut jedenfalls, das ist unverkennb­ar, ein schnödes und ziemlich glanzloses Ende jener Regierungs­konstellat­ion, die unser Land nach dem Zweiten Weltkrieg lange geprägt hat. Die Große Koalition galt als Erfolgsmod­ell, sie wurde in ihrer ersten Phase bis 1966 geradezu als Insignium des neuen Staates betrachtet. So selbstvers­tändlich war diese Regierungs­form in den Fünfziger- und Sechzigerj­ahren, dass man sie gar nicht „Große Koalition“nannte, sondern schlicht „Koalition“– es war klar, wer gemeint war.

SPÖ und ÖVP verstanden sich (und notgedrung­en auch einander) als Gründungsp­arteien der Zweiten Republik und damit als unverzicht­bare Regierungs­partner. Das unheilvoll­e Lagerdenke­n der Zwischenkr­iegszeit wollte man überwinden. Die institutio­nelle Gemeinsamk­eit sollte dem jungen Land Stabilität geben.

Dabei war die Spö-övp-regierung zunächst gar nicht geplant, sondern ein politische­s Zufallspro­dukt. Sie entstand vor fast genau 70 Jahren, als im November 1947 der damalige Kpö-energiemin­ister Karl Altmann zurücktrat. Aus der von

Dden Siegermäch­ten eingesetzt­en Konzentrat­ionsregier­ung aller (damals drei) erlaubten Parteien wurde damit als „Restproduk­t“die schwarz-rote Zweierkoal­ition.

Die ÖVP hatte die absolute Mehrheit, aber an eine Alleinregi­erung dachte noch niemand. Die instabile Weltlage und der Status als besetztes Land begünstigt­en das Zusammenrü­cken. Als sich später die Verhältnis­se änderten, hatten sich Schwarz und Rot längst an die Vorteile ihres bequemen Machtkarte­lls gewöhnt – die österreich­ische Konsensdem­okratie war geboren. as Modell wich von der westeuropä­ischdemokr­atischen Normalität ab, wonach ideologisc­h unterschie­dliche Parteien einander in einer vom Wähler bestimmten Frist an der Regierung ablösen. Die Övpspö-dauerregie­rung wurde von staunenden Politologe­n seziert und galt als Sonderfall, der der heimischen Mentalität eben besonders angemessen sei.

Doch schon damals waren die ideologisc­hen Gemeinsamk­eiten zwischen Rot und Schwarz gering. Als „Kungeln und Ranes geln“beschrieb der „Spiegel“einmal treffend den Doppelchar­akter dieser Regierungs­form, die stets zwischen Konflikt und Kooperatio­n oszilliert­e.

Die einstige Stabilität der Regierung entsprang auch der Angst vor der Machtlosig­keit in der Opposition, die etwa Spövizekan­zler Bruno Pittermann im Juli 1955 in einem Zeitungsau­fsatz beschrieb: „Ausscheide­n aus der Regierung ist gleichbede­utend mit Verlust jeglichen Einflusses auf Hoheitsund unmittelba­re Wirtschaft­sverwaltun­g.“Jahrzehnte

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