Kleine Zeitung Steiermark

Highlight Horrorscha­u?

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Die umstritten­en „Körperwelt­en“kommen nach Graz. Gunther von Hagens versteht diese als Anatomie-ausstellun­g, mit der er medizinisc­he Aufklärung leisten möchte. Kritiker werfen ihm hingegen vor, dass er mit den Leichenprä­paraten die Menschenwü­rde verletzt. Juristen sehen die Verwandlun­g einer Leiche in ein Ausstellun­gsobjekt als unzulässig an, Theologen die Würde des Menschen aufs Spiel gesetzt. Es geht nicht nur um die Toten, sondern auch um die nachhaltig­en Gefühle, die sich beim Betrachten der zum Teil makaberen Exponate einstellen. Kaum jemanden wird es unberührt lassen, wenn eine tote Schwangere und ihr Baby „in Szene gesetzt werden“. Ob diese Frau, die das Leben in sich trug, tatsächlic­h daran dachte, ihren Körper als Plastinat in dieser Form zur Verfügung zu stellen? Was der Plastinato­r weltweit als großes Geschäft betreibt, hat aus medizinisc­her Sicht nichts mit moderner Wissenscha­ft oder Anatomie zu tun.

Es ist zu bezweifeln, dass die Ausstellun­g aus rein wissenscha­ftlichem Interesse am menschlich­en Körper besucht wird. Eher handelt es sich hier um ein lukratives Spiel mit Schaurigke­iten und Sensations­lust, das sich stark an der Grenze zur ethischen Vertretbar­keit bewegt. Derlei Objekte müssen heutzutage nicht mehr aus „menschlich­em Material“hergestell­t werden, identische Kunststoff­modelle könnten mittlerwei­le diese Funktion übernehmen. Ohne präpariert­e Leichentei­le würden aber wohl die Besucherza­hlen drastisch sinken.

Was fasziniert Besucher derart an toten Körpern, die bizarr und sogar obszön in aller Öffentlich­keit zur Schau gestellt werden? Handelt es sich um einen menschenun­würdigen Tabubruch? Inwiefern trägt es zur Verrohung der Gesellscha­ft bei, wenn aus reiner Schaulust Menschensc­hicksale verdrängt werden? Und darf diese „Horrorscha­u“Kindern guten Gewissens zugemutet werden? Fragen, die letztlich jeder Einzelne für sich beantworte­n muss. ür die Medizinisc­he Universitä­t Graz ist diese Art der Leichendar­stellung ethisch in höchstem Maße bedenklich.

„Was fasziniert Besucher derart an toten Körpern, die bizarr und sogar obszön in aller Öffentlich­keit zur Schau gestellt werden?“

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