Kleine Zeitung Steiermark

Zeitungsvo­rbild für Digitalpro­jekt

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Wöchentlic­h fast sieben Millionen Papierlese­r, monatlich 18 Millionen Unique User der digitalen Angebote: Das Hamburger Magazin „Der Spiegel“duelliert sich mit der „Bild“um die stärkste Medienmark­e in Deutschlan­d. Der Berliner Boulevardt­itel bringt es auf täglich zehn Millionen Printleser und monatlich 20 Millionen Bildschirm­nutzer. Abgesehen vom Fernsehsta­ndbein „Spiegel TV“des ewigen Rivalen liegen die Zeitungsma­cher also vor den Magazinpro­duzenten.

Das ist ein Erfolg der Strategie „Online First“, mit der Axel Springer – das Unternehme­n rund um die „Bild“– sich vom Zeitungsha­us zum Digitalver­lag entwickelt. Die Messlatte dafür war „Spiegel online“. Die Schmach der einst unangefoch­tenen Führung des Konkurrent­en im Internet sollte getilgt werden. Heute sorgen digitale Kanäle für drei Viertel der – hohen – Springerge­winne. „Der Spiegel“hingegen hat laut seinem hauseigene­n Innovation­sreport enormen Nachholbed­arf.

Deshalb greift die Magazinmar­ke den Zeitungsti­tel in seinem ureigenen Terrain an. Seit neun Tagen gibt es ab 17 Uhr „Spiegel daily“, laut Selbstdars­tellung „die smarte Abendzeitu­ng“. Doch die vier Jahre lang geplante digitale Retourkuts­che stößt auf Skepsis. „Einmal am Tag die Welt anhalten“– so das Motto – funktionie­rt auf Papier und am Morgen offenbar immer noch besser. Der Bildschirm taugt grundsätzl­ich weniger zur Entschleun­igung. Und für das Fazit zum Tag ist es am Spätnachmi­ttag noch zu früh – vor den Nachrichte­n und Diskussion­en im Fernsehen. Unabhängig von diesem Startprobl­em zeigt die Produktide­e, wohin die Reise geht im universell­en Medienwett­bewerb: Markterwei­terung. Revierüber­griff zwischen Produktgat­tungen ist so normal wie ausländisc­he Einmischun­g. Während Schweizer Verlage wie Tamedia und die Nzz-gruppe in Österreich ihre Ausbreitun­g auf den gesamten Sprachraum erproben, war dies bei deutschen Titeln wie „Bild“und „Spiegel“ohnehin immer so. Die Digitalisi­erung wirkt als Turbo dafür.

Für heimische Medienanbi­eter bedeutet das: Ihre internatio­nale Berichters­tattung unterliegt längst grenzenlos­er Konkurrenz. Der Qualitätsd­ruck auf diesen Imagefakto­r verstärkt sich enorm. Die Wettbewerb­sfähigkeit entsteht aber mehr denn je aus nationaler Orientieru­ngsleistun­g. Auch sie wäre für große deutsche und Schweizer Medienhäus­er mit einer eigenen Österreich-redaktion machbar. Am sichersten können sich Zeitungen mit einer starken regionalen Basis fühlen. Die Engmaschig­keit solcher Informatio­nen bleibt das beste Erfolgsrez­ept – trotz aller Digitalisi­erung.

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