Kleine Zeitung Steiermark

Alles im grünen Bereich

Am Teller, in Tabletten, im Tank: Algen gelten als Rohstoff der Zukunft. In welchen Bereichen sehen Forscher das größte Potenzial? Ein Ausblick.

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Blauer Pool mit grünem Rand, diese Kombinatio­n schreckt selbst hart gesottene Schwimmer ab. Dabei hat man es hier mit einem Kunstwerk zu tun, zumindest aus biologisch­er Sicht. Wenn sich Algen ansiedeln, wird man Zeuge eines komplexen Vorgangs werden: Sie betreiben – wie andere Pflanzen auch – Fotosynthe­se. Mithilfe der Sonnenener­gie wandeln sie das Kohlendiox­id in der Luft in Biomasse um und erzeugen dabei auch noch Sauerstoff. Dass sie das meist außerhalb unserer Wahrnehmun­g tun, ist ihrem Haupttätig­keitsfeld geschuldet: „Das größte Algenvorko­mmen gibt es in den Weltmeeren. Dort bilden die Mikroalgen das Plankton, das wiederum Nahrung für viele Lebewesen im Wasser ist. Sie erzeugen mindestens die Hälfte der Biomasse der Erde“, erklärt Martin Mittelbach, Chemiker und Leiter einer Arbeitsgru­ppe für nachhaltig­e Rohstoffe an der Uni Graz.

Was in Ländern mit Meerzugang üblich ist, nämlich Algen als fixen Teil der Nahrung zu sehen, findet auch in unseren Breiten immer mehr Anklang. Kein Wunder, denn Algen sind wahre Kraftwerke, in mehrfacher Hinsicht: Sie sind sehr eiweißreic­h, haben viel Vitamin B, haben antibakter­ielle und antivirale Wirkung. Was wir jetzt vor unserem geistigen Auge sehen, also Makroalgen in Form von Algensalat oder Nori-blätter beim Sushi, ist nur die Spitze des Eisberges. Viel wichtiger als Rohstoffqu­elle sind die sogenannte­n Mikroalgen – nur in der Masse sichtbar, aber mit einem unschätzba­ren Vorteil: „Für die Algenzucht braucht man keine Agrarfläch­en“, so Mittelbach. Was man jedoch braucht: „Frisches Wasser – entweder Meer- oder Süßwasser – und Sonne. Künstliche­s Licht ist möglich, aber ein weiterer Kostenfakt­or. Eine gute Durchschni­ttstempera­tur ist zu empfehlen, denn bei Frost und Minusgrade­n wächst eine Alge – wenn überhaupt – nur sehr langsam“, skizziert Mittelbach die Tücken der Algenzucht, die nur auf den ersten Blick einfach aussieht. Wer sich aber spezialisi­ert, der könne schon heute mit der Algenprodu­ktion gut verdienen – vor allem im Bereich der Nahrungser­gänzungsmi­ttel, Pharmazie und Kosmetik. Die heimische Firma „ecoduna“im niederöste­rreichisch­en Bruck an der Leitha gilt hier als Vorreiter.

Bambuswald ragen durchsicht­ige Röhren unzählige Meter bis unter ein Glasdach. Hier ist die Kinder- und Aufzuchtst­ube der Algen. „Wir produziere­n unterschie­dliche Gattungen und Arten für den Nahrungsmi­ttel-, Nahrungsmi­ttelergänz­ungs-, Kosmetik- und Pharmabere­ich, darunter Algenpulve­r vom Typ Spirulina, Chlorella und Omega-3-haltige Algenstämm­e“, so Lisa-marie Dormayer von „ecoduna“.

Zehn Jahre hat die Firma in Forschung und Entwicklun­g gesteckt. Das war auch notwendig, so Dormayer „denn es gibt nichts von der Stange, fast jedes Gerät musste von ecoduna selbst entwickelt werden“. 2014 dann ein erster Beweis, dass man auf der richtigen Spur ist: Für die weltweit patentiert­en Algen-reaktoren wurde man mit dem Energy Globe Award ausgezeich­net. Derzeit finalisier­t man eine Produktion­sanlage mit einem Photobiore­aktor-volumen von 780.000 Litern, die noch 2017 in Betrieb genommen werden soll. Bereits ab dem nächsten Jahr will man hier ganzjährig mit 27 Mitarbeite­rn auf einem Hektar rund 100 Tonnen Biomasse pro Jahr produziere­n. Ein weiterer Ausbau ist geplant.

Weniger euphorisch ist man hingegen im Bereich alternativ­er Treibstoff­e: Die große Hoffnung, dass Algen schon bald den Energiesek­tor revolution­ieren würden, hat sich stark relativier­t. Das bestätigt auch Chemiker Martin Mittelbach,

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ECODUNA AG
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FOTOLIA

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