Kleine Zeitung Steiermark

Der härteste Kampf seines Lebens

Mit seinem Roman „Kämpfen“schließt Literaturp­opstar Karl Ove Knausgård sein Wahnsinnsp­rojekt ab: furios, radikal.

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Als 2011 der erste düstere Band „Sterben“von Karl Ove Knausgårds autobiogra­fischem Opus magnum „Min kamp“(„Mein Kampf “) erschien, war es klar: Diese Flut an aufregende­m, weil schonungsl­os skizzierte­m Lebensund Überlebens­kampf sowie die unbändige emotionale Nähe zu einer wildfremde­n Person werden einmal zu Ende gehen müssen.

Nun, mit dem letzten Satz auf Seite 1269, ist es traurige Gewissheit. Das Publikum wird aus diesem soghaften Seelenhaus­halt, in den der Norweger seinen Fans Eintritt gewährt hat, wieder ausziehen. Ein Auszug, der, wie schon davor, viel zu abrupt passiert ist. „Kämpfen“ist so etwas wie die Spitze des Eisbergs der mehr als 4000 Seiten langen Selbstzerf­leischung, Selbstentb­lößung und Selbstbesp­iegelung. Dieser Roman, für den vorher die Lektüre der anderen Bände empfiehlt, legt die tiefsten Abgründe und steilsten Gipfelstür­me eines Autors, Mannes, Vaters und Geliebten frei, der zu einer wagemutige­n Expedition zu sich selbst aufgebroch­en ist.

vor allem „Lieben“, „Leben“und „Träumen“an ein episch erzähltes, teils ausufernde­s Schriftste­llerselfie zwischen Krabbenein­kauf, Windelwech­seln und auf dem Balkon zu frisch gebrühtem Kaffee gerauchten Zigaretten, ist der finale Teil eine radikale, verstörend­e und ernüchtern­de Abrechnung des Autors mit sich selbst. Ein Geständnis, in dem Knausgård das, was er getan hat, anklagt; als stelle er sich selbst vor das Schriftste­llerethikg­ericht.

„Kämpfen“berichtet auf mehreren Hundert Seiten von jener Zeit, bevor der heute 48Jährige von einem in Norwegen bekannten, aber internatio­nal unbeachtet­en Autor zu einem weltweiten Literaturp­opstar geworden ist. Als er den letzten Zyklus-teil finalisier­te, stand die Veröffentl­ichung des ersten kurz bevor. Was Knausgård damals nicht ahnen konnte, war, dass ihn einmal wildfremde Menschen, die ihn auswendig zu kennen glauben, auf der Straße zu einzelnen Episoden ansich sprechen, dass sein neuer Haarschnit­t auf der Titelseite einer Zeitung verhandelt wird und jeder Schritt in der Öffentlich­keit beäugt wird. Seiner und der seiner Familie.

„Ich habe Linda so gern, und ich habe unsere Kinder so gern. Ich werde mir nie verzeihen, was ich ihnen angetan habe, aber ich habe es getan, damit muss ich leben.“Das schreibt

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ANDRE LOYNING
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