Ein Hoch auf die Unnahbarkeit
VDielleicht hatte David Lynch ja Nicole Kidman im Kopf, als er zu Beginn der neuen Twin-peaks-staffel einen Charakter sagen lässt: „A woman like that, you can’t call a girl“(„Zu einer Frau wie ihr kannst du nicht Mädchen sagen“). Die Vorführung dessen konnte man in Cannes sehr exemplarisch beobachten: Die Kendall Jenners dieser Welt schreiten über den roten Teppich, Nicole Kidman erscheint am roten Teppich. Und das ist wörtlich zu nehmen: Die australische Schauspielerin, sie ist eine Ausnahmeerscheinung.
Das ist von außen betrachtet auch ein Fluch, nicht nur Segen: Ihre ätherisch, elfenhafte Erscheinung prägt ein Etikett, das man ihr nur allzu gerne umhängt. Darauf steht: Paraderolle Eiskönigin, fällt nie aus der Rolle. Dass sie nicht den kumpelhaften Typus einer Jennifer Aniston oder einer Amy Schumer verkörpert, wird ihr gerne als Makel angelastet. So ist das mit dem Glamour: Wer glänzt, muss nicht zwangsläufig auch beliebt sein.
An der nötigen Rüstung, mit der sie den Wall an Zuschreibungen hoch erhobenen Hauptes durchschreitet, hat sie lange geschmiedet. Ihre Helfer tragen so klingende Namen wie Lars von Trier („Dogville“) oder Stanley Kubrick („Eyes Wide Shut“). Für die Rolle als Schriftstellerin Virginia Woolf wurde sie 2003 mit dem Oscar ausgezeichnet. Doch für die vierfache Mutter, die im Juni 50 wird, darf es auch einmal eine Komödie sein. Sie steht in seichtem Wasser genauso konzentriert, wie sie in tiefen Gewässern gut schwimmt. ass ihr Leben mehr eine Ausnahme, denn die Regel ist, dessen ist sich die Ehefrau von Countrysänger Keith Urban bewusst. Die Liste ihrer Wohltätigkeitsagenden ist womöglich noch länger als jene für ihre Filmpreise. Sie unterstützt nicht nur Initiativen gegen Brustkrebs, Aids oder Elfenbein, sondern ist auch für die Uno an mehreren Fronten gleichzeitig im Einsatz. Dafür wurde sie mit dem Titel „Bürgerin der Welt“geadelt. Am Ende bleibt die Erkenntnis: Haltung kommt nie aus der Mode.