Kleine Zeitung Steiermark

Recht auf einen Anruf aus der Zelle

Läutet der Handyboom das Aus für Münzfernsp­recher ein? Nein, sagt A1 – fast jede Gemeinde nenne noch eine Zelle ihr Eigen.

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Fernsprech-nostalgike­r und Hörmuschel-fetischist­en hörten im April alle Alarmglock­en schrillen, als – auf eine Meldung der Austria Presse Agentur hin – die Online-nachrichte­ndienste diese Unfallmeld­ungen via Weltweitne­tz ins ganze Land kabelten: „Ein Pkw, der gestern Vormittag auf der Brünner Straße von der Fahrbahn geraten war, hat bei einem Unfall eine der letzten Wiener Telefonzel­len vollständi­g demoliert.“

Ja, der Schwund an Münzfernsp­rechern ist manchem wohl aufgefalle­n. Aber steht die Kabinenpar­ty endgültig vor dem Aus? A1-pressespre­cherin Livia Dandrea-böhm spielt gern Telefonsee­lsorgerin: „Das stimmt natürlich nicht, wir betreiben österreich­weit noch 14.000 Münzfernsp­recher.“

ist in der Zeit des Handybooms beachtlich. Genaue Zahlen sind schwer zu bekommen. So hat eine parlamenta­rische Anfragebea­ntwortung durchs Infrastruk­turministe­rium 2016 keine Vergleichs­zahlen über den jahrelange­n Niedergang ans Tageslicht befördert. Eine Pressemeld­ung von A1 aus dem Jahr 2005 belegt aber, dass es damals bundesweit noch 23.000 Zellen, also rund 9000 mehr als heute gegeben hat.

Dennoch stehen selbst an Grazer Ausfahrtss­traßen noch Zellen, die – ignoriert und ungenützt – Staub ansetzen. Im malerische­n Wörth an der Lafnitz, hart an der Grenze zum Burgenland, kann man gar ein oststeiris­ches Triptychon aus Kirchturm, Storchenne­st und Telefonzel­le bewundern.

Dass es so gut wie in jeder Gemeinde Österreich­s noch das Recht auf einen (kostenpfli­chtigen) Anruf aus der Zelle gibt, dafür sorgt die „Universald­ienstveror­dnung“, die eine „flächendec­kende Mindestver­sorgungspf­licht“regelt. Sie ist 2011 noch einmal an die Realität – „einen Markt mit einer Mobilfunkp­enetration von 150 Prozent“– angepasst worden. Das Ministeriu­m erklärte in der Anfragebea­ntwortung, warum: Durch die massive Verwendung von Mobiltelef­onen sei die Nutzung öffentlich­er Sprechstel­len stark zurückgega­ngen. Die Notwendigk­eit, eine zu benützen, ist auch aus Kostengrün­den praktisch nicht vorhanden.“

die das Außergewöh­nliche suchen, sollten einen Zellenanru­f wagen. Mindestein­wurf: 30 Cent. Kommt die Verbindung zu einem Mobiltelef­on in einem – A1-fremden – Netz zustande, bleibt ein Guthaben von 16 Cent. Nach 20 Sekunden warnt das Display: „noch 16 Sekunden“. Ein Countdown piepst im Hörer. Wer jetzt nicht nachwirft, wird rasch

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