Kleine Zeitung Steiermark

Sein Glaube war Rot-weiß-rot

Alois Mock ist tot: ein Rückblick auf die großen Triumphe und die bitteren Niederlage­n des „Helden von Brüssel“.

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Zweimal ist Alois Mock den Österreich­ern als Mensch in all seiner Schwäche und Zerbrechli­chkeit auf unvergessl­iche Weise nahegekomm­en: Es war am Tag seiner tiefsten Niederlage und an jenem seines größten Triumphs: Am 23. November 1986 verfehlte die ÖVP unter der Führung von Mock um nur 90.000 Stimmen die Mehrheit und damit die Wiedererob­erung des Bundeskanz­lers, die Mock so ersehnt hatte.

An jenem Abend, der die Partei und ihren Vorsitzend­en, die mit einem Sieg gerechnet hatten, wie ein Keulenschl­ag traf, sahen die Zuschauer einen Alois Mock wie in Trance, der in seiner abgrundtie­fen Enttäuschu­ng keine Worte fand. Später mochte man darin schon die Anzeichen jener schweren Krankheit sehen, die das Bild Mocks in der Öffentlich­keit über viele Jahre hinweg prägen sollte. Eine schrecklic­he Ironie wollte es, dass ausgerechn­et Jörg Haider, dessen FPÖ ihren Stimmenant­eil verdoppelt und dadurch das Schicksal der ÖVP

Nhatte, Mock zu Hilfe eilte und ihn ins Bild schob.

Das zweite Ereignis waren die Feiern nach den dramatisch­en nächtliche­n Verhandlun­gen um den Beitritt Österreich­s zur EU in den frühen Morgenstun­den des 1. März 1994. Mock, wieder an der äußersten Grenze seiner körperlich­en Kräfte, wurde als der „Held von Brüssel“gefeiert. Im Überschwan­g der Gefühle drückte er der verdutzten Staatssekr­etärin Brigitte Ederer das berühmte Busserl auf die Wange. Damals war das Abküssen in der Öffentlich­keit noch nicht üblich.

In beiden Situatione­n zeigte sich etwas vom Charakter dieses Mannes: die Zähigkeit und Unverdross­enheit, auch in der Niederlage nicht aufzugeben und sein Ziel weiterzuve­rfolgen. Und die Mäßigung im Erfolg. Beides mag mit dem starken, aber unprätenti­ösen Glauben zu tun haben, den er in unauffälli­ger Weise praktizier­te. och ein drittes Bild von Alois Mock hat sich dem Gedächtnis Österreich­s und Europas unauslösch­lich ein- geprägt. Es ist jenes vom 27. Juni 1989, als er und der ungarische Außenminis­ter Gyula Horn den Eisernen Vorhang an der österreich­isch-ungarische­n Grenze durchschni­tten. Es war Mock, der diesen Anlass gewollt hatte. Er verstand, welche symbolisch­e Kraft von einem solchen Ereignis ausgehen würde. Tatsächlic­h hat es die politische Bewegung in den übrigen kommunisti­schen Ländern beflügelt, die alle noch im selben Jahr ihre Freiheit gewannen.

Bundeskanz­ler Josef Klaus, dem Mock den Start zu seiner Karriere verdankte, sagte etwas für Mock sehr Charakteri­stisches: „Er war in jeder seiner vielen Positionen immer besser, als man erwartet hatte.“Man könnte es auch andersheru­m sagen: Er wurde immer unterschät­zt. Als Klaus den jungen Diplomaten 1966 aus Paris in sein Kabinett holte, verspottet­e man Mock als den „braven Buben des Santa Klaus“. 1969 machte Klaus den damals erst 35-Jährigen zum Unterricht­sminister.

Nach dem Ende der Övp-alleinregi­erung begann die Parbesiege­lt

Dteikarrie­re Mocks: Chef des ÖAAB, Klubobmann, 1979 Parteiobma­nn. Mit seinem Generalsek­retär Michael Graff inszeniert­e er gegen den Bau des Konferenzz­entrums das bisher größte Volksbegeh­ren. 1983 gelang es ihm, die absolute Mehrheit der SPÖ zu brechen. 1986 wurde Kurt Waldheim Bundespräs­ident, den Mock gegen alle Widerständ­e durchgeset­zt und verteidigt hatte. as Jahr 1986 war die eigentlich­e Wende im Leben von Alois Mock. Der Traum von der Kanzlersch­aft war vorbei. Mock hatte seiner Partei immer die Option eines Zusammenge­hens mit der FPÖ als Weg zu einer Övp-kanzlersch­aft offengehal­ten. Genau in dem Augenblick, als sich die Gelegenhei­t dazu bot, ließ ihn die Partei aber im Stich.

Mock kam im Parteivors­tand mit dem Vorschlag einer Övpfpö-regierung nicht durch und musste in eine Regierung unter einem Spö-kanzler als Vizekanzle­r eintreten. Erst dreizehn Jahre später ergriff Wolfgang Schüssel dieselbe

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