„Der Trend ist unbestritten, aber nicht neu“
„Der international erkennbare Trend einer politischen Konzentration auf eine Person an der Spitze einer Partei ist unbestritten. Aber diese Entwicklung ist nicht neu, denn diesen Personalisierungstrend konnten wir in Österreich bereits in den frühen 70er-jahren erkennen. Damals drehte sich alles um Bruno Kreisky und weniger um die SPÖ, was im europäischen Raum bemerkenswert und ungewöhnlich war.
Diese Entwicklung hat auch mit dem medialen Wandel zu tun. Als das Fernsehen zum politischen Leitmedium wurde und es um bildliche Darstellung ging, wurde zunehmend auf Personen fokussiert. Man kann ja schließlich keinen kompletten Vorstand einer Partei zum Fernsehinter- view einladen. Und diese Fokussierung ist bis heute geblieben.
Ein weiterer Grund für die zunehmende Konzentration auf die Führungspersönlichkeiten einer Partei ist die zusehends geringer werdende und heute fast vollständig verschwundene Bindung der Menschen an eine bestimmte Partei. Um diesem Problem entgegenzutreten, setzen die politischen Berater der Parteien seit ein paar Jahren ganz bewusst auf die Zuspitzung auf eine Person, die in der ersten Reihe steht. Die Integrität, Ausstrahlung und Rhetorik des Spitzenkandidaten soll die Wählerschaft dazu bringen, ihm oder ihr einen Vertrauensvorschuss zu gewähren und in weiterer Folge die entsprechende Partei zu wählen. Ich glaube, dass sich dieser Trend aktuell noch verstärkt.“