Nonnenmacher
Von unserem Korrespondenten
So hatte Theresa May sich das nicht vorgestellt. Ein Triumphzug zu einer neuen Rekordmehrheit hätte der Wahlkampf werden sollen, eine Prozession zum glorreichen Sieg. Darum war die Tory-premierministerin ja auch im April so entschlossen vor die Tür von 10 Downing Street getreten und hatte vorgezogene Neuwahlen verkündet. Die Entscheidung war begreiflich. Umfragen sahen ihre Konservativen 20 Prozent uneinholbar vor der Labour Party. Über 100 Extrasitze im Unterhaus wurden ihr vorausgesagt. Ihre Berater waren sich sicher darin, dass es „so eine Chance nur einmal“gab.
Die Idee war, dass May mit einem „Erdrutschsieg“alle Opposition – auch zu einem „harten Brexit“– unter sich begraben sollte. Ein „persönliches Mandat“wollte sie sich verschaffen, für die Austrittsverhandlungen mit der EU und für fünf Jahre unangefochtener konservativer Regentschaft. Ihre Gegner hatten immer moniert, dass es ihr an demokratischer Legitimation fehle. Das sollte sich nun ändern. Der Slogan, mit dem May nun in den Wahlkampf zog, war ganz auf sie abgestimmt und sollte ihren Herausforderer, Labour-chef Jeremy Corbyn, zum Schwächling stempeln. „Strong and stable“, so lautete der Slogan, „stark und stabil“.
Die Tory-führerin, war die Botschaft, sei die einzige verlässliche Kraft im Lande. Nur bei ihr liege das Schicksal Britanniens in guten Händen. Nur sie könne „den Europäern“entschlossen entgegentreten und das Adieu von der EU zur „britischen Erfolgsstory“machen.
Aber genau hier begannen die Probleme. Mit den magischen Worten „strong and stable“in jedem zweiten Satz muteten Reden rasch kurios an. Merkwürdig leblos wirkten ihre Auftritte. Hölzern, ja geradezu roboterhaft benehme sich die Tory-chefin, befanden die politischen Kommentatoren. Und auch konservative Anhänger bemängelten, dass ihr Team May vor „echten“Wählern abschirme. Einmal, als plötzlich Kameras vor einem Versammlungssaal in Brighton auftauchten, erklärte eine überraschte Mutter: „Wir hatten geglaubt, da fände ein Kindergeburtstag statt.“In Leeds wurde sie zu einem Auftritt in eine Fabrik bugsiert, nachdem die Arbeiter nach Hause gegangen waren. In Cornwall wurden Presseleute sogar in einen Raum eingeschlossen, um May nur ja nicht in die Quere zu kommen.
Verwunderlich war das nicht. Denn so selbstsicher, wie sie es glauben machen will, ist May gar nicht. Wo sie direkt konfrontiert wird, sucht sie meist eilig Distanz. Die „Eiskönigin“hat der frühere Vize-premier Nick Clegg sie einmal wegen ih- Unfähigkeit zum Small Talk genannt. Beim Versuch, forsch zu klingen, verrät ihre brüchige Stimme die Nervosität, die Unsicherheit hinter der Fassade. Die Teilnahme an Tv-debatten mit anderen Parteichefs hat May stur verweigert.
Mays populistische Botschaft, dass der Brexit der Vater aller Dinge sei, findet in vielen Teilen des Königreichs begeisterten Beifall. Es ist ihre Trumpfkarte in diesem Wahlkampf, in dem sich das Wörtchen „Conservatives“nur ganz winzig auf dem blauen Bus der Tories fand. Eine Persönlichkeitswahl sollte es sein.
Damit luden die Konservativen Wähler und Medien aber auch ein, die Parteichefin genauer unter die Lupe zu nehmen. Und je mehr es Mays Herausforderer Jeremy Corbyn von der Labour-party gelang, ein positiveres Bild von sich selbst zu erzeugen, desto weniger „strong and stable“nahm sich May aus. „Weak and wobmays bly“, schwach und wackelig sei sie in Wirklichkeit, höhnten ihre Gegner schadenfroh.
Dazu kommt, dass der Pfarrerstochter, die gern die neue „Eiserne Lady“Englands wäre und sich zugleich als Anwältin „hart arbeitender“Workingclass-briten versteht, im Wahlkampf verheerende Fehler unterliefen. Wohl im Glauben, dass sie nicht verlieren könne, schloss sie Steuererhöhungen nicht aus und ließ erkennen, dass sie Millionen Pensionisten die Heizkosten-pauschale streichen wolle. Das allein löste schon hinreichend Unmut aus. Zum heillosen Debakel geriet dann der Vorschlag, die Altenpflege durch die Verpfändung der Eigenheime der Pflegebedürftigen zu finanzieren. Damit brachte May alle konservativen Stammwähler vom Big Business über die Inhaber kleiner Geschäfte bis hin zu den Pensionisten und Häuschenbesitzern geschlossen gegen sich auf.
Auch wenn die Tory-chefin eine rasche und totale Kehrtrer