Kleine Zeitung Steiermark

„Diese Kinder hatten keine Chance“

Die Direktorin einer Wiener Schule, in der 98 Prozent der Kinder nicht Deutsch als Mutterspra­che haben, machte ihre Verzweiflu­ng öffentlich und wurde mundtot gemacht. Ein Jahr später ist vieles anders.

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REPORTAGE. dieser Kinder im Bezirk Margarethe­n, wo auch die NMS Gassergass­e steht. Früher war sie eine „Kooperativ­e Mittelschu­le“, wo die Kinder in Leistungsg­ruppen eingeteilt wurden. Als der Wandel in eine NMS bevorstand, sträubte sich Walach. „Mittelschu­le heißt Orientieru­ng an der Mitte, also langweile ich die guten Schüler und die schlechten sind heillos überforder­t.“Die Schule wurde trotzdem zur NMS und damit auch zum Sorgenkind. „Nun schaffte

Iein Drittel unserer Schüler eine weiterführ­ende Ausbildung, ein Drittel ging in die Lehre und ein Drittel wanderte direkt zum AMS“, erklärt die Direktorin und senkt ihren Blick. „Das letzte Drittel brauchte gezielte Förderung, hat in diesem System aber keine Chance.“rgendwann hatte es Walach satt, Jahr für Jahr Kinder in die Hoffnungsl­osigkeit zu entlassen. Es muss sich etwas ändern am „Friss-oder-stirblehrp­lan“, dachte sie und trug ihr Anliegen Stadt- und Landesschu­lrat vor. Aber dort verhallte es ungehört in den Gängen.

Als der „Kurier“ihren Hilferuf vor einem Jahr in einem Artikel aufgriff, wurde über Nacht alles anders. Die Politik zeigte sich empört und forderte Aufklärung. Das Bildungsmi­nisterium regierte jedoch nicht mit Zuhören, sondern mit Zuhalten. Walach erreichte ein Brief, in dem das Ministeriu­m die Schulinspe­ktoren auffordert­e, sie ruhigzuste­llen. „Wer keine Ahnung hat, soll auch nicht reden, hieß es – nach 40 Dienstjahr­en“, erinnert sie sich. Als auch das publik wird, dementiert­e das Ministeriu­m, Walach stieß aber plötzlich auf offene Ohren. Der damalige Wiener Stadtschul­rat und heutige Bildungsst­adtrat Jürgen Czernohors­zky ließ sich ihre Pläne für eine Neuordnung des Unterricht­es vorlegen und gab grünes Licht.

Heute ist vieles anders. Es wird in Doppelstun­den unterricht­et, in den Klassen sitzen maximal zwölf Schüler. Doch die größte Verbesseru­ng ist für Walach die neue Einteilung in „homogene Kleingrupp­en“. Alle 70 Schüler pro Jahrgang

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