Kleine Zeitung Steiermark

Kompensati­on des schlechten Gewissens

Wer eine Flugreise antritt, kann den solcherart verursacht­en Co2-ausstoß mittels einer Geldspende kompensier­en. Eine vernünftig­e Ökomaßnahm­e oder doch nur ein Luftgeschä­ft?

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geringen 100 Euro den angerichte­ten Umweltscha­den wiedergutm­achen kann. Solche Kompensati­onsmodelle für Flugreisen sind seit Jahren stark im Kommen, die Zahl der Anbieter ist schier unüberscha­ubar. Zu schön, um wahr zu sein?

Öko-kompensati­on sinnvoll ist, hängt in erster Linie vom jeweiligen Anbieter ab. Die im deutschspr­achigen Raum bekanntest­en sind die deutsche Non-profit-organisati­on Atmosfair (www.atmosfair.de) und die Schweizer Stiftung Myclimate (www.myclimate.org). Sie investiere­n das einbezahlt­e Geld weltweit in zertifizie­rte Projekte, etwa für Aufforstun­gen oder Energieinf­rastruktur. Am Ende soll damit gleich viel Treibhausg­as eingespart werden, wie die Reisen der Spender verursacht haben.

In der Praxis macht eine solche Kompensati­on die Emissionen freilich nicht ungeschehe­n, sagt der Grazer Nachhaltig­keitsforsc­her Rupert Baumgartne­r: „Es ist besser als nichts, vor allem bei unvermeidb­aren Flügen. Aber es ändert auch nichts an der Struktur, die die Probleme verursacht. Letztlich kommen wir nicht um ein Mobilitäts­system herum, mit dem wir wirklich CO2 abbauen.“

Verleitet die Flugkompen­sation als ökologisch­er Ablasshand­el am Ende dazu, auf struktu- rellen Klimaschut­z zu verzichten? René Estermann, Geschäftsf­ührer bei Myclimate, verneint: „Wer freiwillig kompensier­t, ist auch eher bereit, direkt CO2 zu reduzieren. Alles andere wäre eine Ausrede, gar nichts zu tun.“Zehn Millionen Euro investiert Myclimate jährlich in Projekte, die eine Million Tonnen Treibhausg­as einsparen. „Und wir sind bei Weitem nicht ausgebucht“, sagt Estermann. „Statt hundert Projekte wie derzeit könnten wir ohne Weiteres tausend machen.“

Wobei auch der Schweizer festhält: „In erster Linie gilt es, selbst CO2 zu reduzieren.“Dort, wo es nicht gehe, sei Kompensati­on gefragt.

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