Faszination Baku: enge Kurven und 350 km/h Spitzengeschwindigkeit beim „Grand Prix von Aserbaidschan“.
MAonaco steht für Glanz und Glamour, das Treffen der Schönen und Reichen – und für eine Strecke, auf der Überholen praktisch unmöglich ist. Singapur für den besonderen Charme eines Nachtrennens, für spektakuläre Bilder, für ein Rennen in tropischer Hitze und Schwüle. Und Baku, das neueste Rennen im Formel-1-kalender auf einem echten Stadtkurs? Vor allem einmal für eine ganz spezielle Kulisse. Für eine Stadt, die durch ihre sehr unterschiedlichen Aspekte eine besondere Faszination aufweist. Eine Mischung aus Dubai und Istanbul; mit dem ein oder anderen rus- sisch-sowjetischen Einspreng- sel aus der Vergangenheit, von der historischen Altstadt bis zu einem hypermodernen Kulturzentrum, geschaffen von Stararchitektin Zaha Hadid.
Und für eine Strecke mit einer eigenen Charakteristik. Mit extrem engen Passagen um die Altstadt, mit einer zwei Kilometer langen Geraden, mit Spitzengeschwindigkeiten von 350 km/h und mehr als 200 km/h Schnitt. Besonders eng ist die Einfahrt rund um den Altstadtbereich, Kurve acht, und die folgende Kurvenkombination. Jene Kurve, in der Sergio Perez gestern einen schweren Unfall hatte. „Monaco ist nichts dagegen“, sagt Nico Hülkenberg. Heuer stellt diese Passage die Piloten mit den breiteren und schwerer zu fahrenden Autos vor noch größere Probleme als bei der Premiere 2016. ls besonders unfallträchtig gilt auch eine andere Stelle: die Kurve 15, auch noch im Altstadtbereich, nicht gerade langsam, blind über eine leichte Kuppe, dann stark bergab, mit einer etwas merkwürdig
LAuslaufzone. Dort büßte im Vorjahr Lewis Hamilton schon im Qualifying alle Chancen ein, als er auf dem Weg zur „Pole“seinen Mercedes in die Mauer setzte. Nach viel Chaos in den Trainings verlief der Grand Prix unspektakulär, ohne größere Zwischenfälle – weil alle Fahrer ungewöhnlich vorsichtig zu Werke gingen. „Bestimmt haben viele Leute Geld verloren, weil sie auf ein Safety-car gewettet haben“, witzelte Sebastian Vettel. ediglich die Zuschauerzahlen in Baku entsprechen nicht dem Niveau der anderen Stadtrennen. Das sah das Konzept des Veranstalters auch gar nie anders vor. Die Tribünen sind nur auf 30.000 Besucher ausgelegt, das Rennen ist primär ein Event für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite des Landes, eine große Motorsportbegeisterung bei der Normalbevölkerung ist – mangels Tradition – nicht wirklich vorhanden. Außerdem sind die hohen Eintrittspreise auf durchaus „normalem“europäischem Niveau ein Hindernis. Vor allem, weil es der hiesigen Mentalität und Kultur eigentlich zuwiderläuft, für eine Sportveranstaltung Eintritt bezahlen zu müssen. Bei vielen anderen Events, bis hin zu Weltmeisterschaften im Ringen oder Boxen, die hier in der Vergangenheit schon stattgefunden haben, sorgte die Regierung dafür, dass die Bevölkerung gratis zuschauen durfte ...
Eine Bevölkerung, die dem Formel-1-zirkus zwar noch ein bisschen fremdelnd gegenüber steht, sich aber jetzt über die vielen ausländischen Grandprix-touristen freut und versucht, so hilfsbereit und freundlich wie möglich zu sein. Und die politische Kritik aus dem Westen an ihrem Land oft nicht so recht versteht. „Wir leben hier in Ruhe zusammen, auch mit den verschiedenen Religioplatzierten nen, haben Arbeit, der Lebensstandard ist für die meisten im Laufe der Zeit eher gestiegen – wenn man sich umschaut, wie es vielfach in unserer Nachbarschaft aussieht, dann geht es uns gut“, hört man immer wieder, nicht nur von der offensichtlichen Elite, sondern auch von einfacheren Leuten. as offenbar viele glauben: Dass es gerade hier, in der so verworrenen und ethnisch komplizierten Kaukasusregion, ohne eine gewisse autoritäre Führung nicht funktioniere. „Wir alle hier sind wohl noch nicht weit genug für eine liberale Demokratie nach westlichem Vorbild. Wenn man das hier versucht, dann endet das in Gewalt und noch mehr Korruption“, erklärt ein Taxifahrer.
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