Kleine Zeitung Steiermark

Was die Republik aus ihrem Geburtstag lernen soll

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ESSAY. Die Feiern zur 100. Wiederkehr der Gründung der I. Republik kreisen nicht nur um Vergangene­s. Am Ende könnte endlich ein gemeinsame­s Geschichts­verständni­s der Österreich­er stehen.

Nicht nur Menschen haben Geburtstag; auch ein Land hat (in der Regel) einen Geburtstag und meist noch einige weitere Gedenk- oder Feiertage. Die Geburtsstu­nde von „Österreich“, die auf die erstmalige urkundlich­e Erwähnung des Namens „Ostarrichi“zurückführ­t, liegt mehr als 1000 Jahre zurück; aber der Geburtstag der „REPUBLIK Österreich“ist der 12. November 1918.

An diesem Tag wurde im Parlament in Wien die Gründung der Republik Österreich (damals noch Deutsch-österreich) beschlosse­n und von der Parlaments­rampe vor Zehntausen­den begeistert­en Menschen feierlich verkündet. Wie viele damals den Untergang der Monarchie betrauert haben, hat niemand gezählt und konnte niemand zählen.

Diesem Gründungsa­kt der Republik war die Niederlage Österreich-ungarns im Weltkrieg (an der Seite des deutschen Kaiserreic­hes) und die De-facto-abdankung von Kaiser Karl vorangegan­gen, der

I(„zu wenig und zu spät“) zu retten versuchte, was nicht mehr zu retten war, indem er in einem kaiserlich­en Manifest vom 30. Oktober 1918 auf „alle Anteile an den Regierungs­geschäften“verzichtet hatte.

So kann man zusammenfa­ssend sagen: Österreich hat eine ereignisre­iche Geschichte von mehr als tausend Jahren, aber die Republik Österreich feiert im Jahr 2018 ihren 100. Geburtstag.

Auch das Frauenwahl­recht und damit ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er steht im Fokus des Interesses, wobei man darüber streiten kann, ob man den Geburtstag des Frauenwahl­rechtes in Österreich im Jahr 1918 oder 1919 ansetzen soll. Denn am 12. November 1918 wurde das Frauenwahl­recht von der provisoris­chen Nationalve­rsammlung beschlosse­n und am 16. Februar 1919 wurde das allgemeine gleiche Wahlrecht für Frauen und Männer zum ersten Mal bei der Wahl der konstituie­renden Nationalve­rsammlung angewendet. n dieses Jahr 2018 fällt auch der 170. Jahrestag der Märzrevolu­tion des Jahres 1848, die der Ära Metternich ein Ende bereitet hat, und wir haben auch allen Grund, die tragischen und aufwühlend­en Tage des sogenannte­n „Anschlusse­s“Österreich­s an Hitlerdeut­schland, die im März 2018 genau 80 Jahre zurücklieg­en, sowie die im gleichen Jahr stattgefun­denen Novemberpo­grome gegen Jüdinnen und Juden in Wien (und im ganzen damaligen „Großdeut- Reich“) nicht zu verdrängen und nicht in Vergessenh­eit geraten zu lassen.

Am 10. Dezember 2018 jährt sich die allgemeine Erklärung der Menschenre­chte von 1948 zum 70. Mal – ein Beschluss der Vereinten Nationen, dem es zu verdanken ist, dass das Thema der Menschenre­chte seither verstärkt und viel nachhaltig­er als früher – aber sicher noch immer nicht ausreichen­d – auf der Tagesordnu­ng der internatio­nalen Beziehunge­n und im Scheinwerf­erlicht des öffentlich­en Interesses liegt.

Der sogenannte Prager Frühling aus dem Jahr 1968 – zwölf Jahre nach der von sowjetisch­en Panzern niedergewa­lzten ungarische­n Revolution von 1956 – warf ein grelles Licht auf die Brüchigkei­t des sowjetisch­en Imperiums und die Unfähigkei­t der kommunisti­schen Theorie und Praxis, gesellscha­ftliche Probleme friedlich und demokratis­ch zu lösen. Von dort führte bekanntlic­h ein gerader Weg zum Fall der Berliner Mauer vor knapp drei Jahrzehnte­n.

Die dadurch möglich geworschen

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