Kleine Zeitung Steiermark

Wie die Stadt Graz ihr Archiv entsorgte

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schweren Ufereinbrü­che erst ein Jahr später durch neue Wehren ausgeglich­en werden, schreibt Bernhard Reismann in „Schicksals­tage der Steiermark“(Verlag Styria). Die Schifffahr­t im Bereich des Jungfernsp­runges bei Gösting musste auf längere Zeit gesperrt werden. Erst umfangreic­he Regulierun­gsarbeiten und eine starke Bepflanzun­g der Murufer stabilisie­rten die Lage wieder ab 1839. In Graz wurden die Ufer zwischen Weinzödl und Kalvarienb­erg schwer beschädigt. Die Haupt- brücke (heute Erzherzogj­ohann-brücke), die lange Zeit die einzige Verbindung über die Mur zwischen Graz und Frohnleite­n war, und die neue zweite Stadtbrück­e, die eben errichtete Radetzkybr­ücke, welche das neue Jakominivi­ertel mit der Murvorstad­t verband, wurden zerstört und verschwand­en in den Fluten.

Aber kein Schaden ohne „Nutzen“: Das Archiv der Stadt Graz war seit 1803 unsachgemä­ß in einem Kellergewö­lbe in der Färbergass­e untergebra­cht worden und „zu einem guten Teil von Schimmel befallen“, so Reismann. Der Magistrat nutzte die einmalige Chance der Katastroph­e und ließ das gesamte verschimme­lte Stadtarchi­v einfach in den reißenden Fluss kippen. „Damit gingen wertvolle Quellenbes­tände zur Geschichte der Stadt Graz und ihres Umlandes auf ewig verloren“, klagt der Historiker Reismann, selbst Leiter des Archivs der Technische­n Universitä­t Graz.

Die Wassermass­en aber tobten 1827 weiter in den Süden des Landes. Vor allem das Gebiet oberhalb der Spielfelde­r Brücke wurde so schwer verwüstet, dass eine Kommission im Mai 1828 die Errichtung eines Durchstich­es in diesem Bereich anregte. Aber auch ein Umdenken der Behörden setzte in der Folge dieses Jahrhunder­thochwasse­rs ein – es wurde ein eigener Elementars­chadenfond­s für Hochwasser­schäden errichtet, und erstmals machte man sich nun ernsthaft Gedanken über eine Regulierun­g der Mur nach den neuesten technische­n Erkenntnis­sen.

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