Wie die Steiermark evangelisch wurde
Vor 500 Jahren kam Luthers Lehre durch Flugblätter in die Steiermark, die schnell evangelisch wurde – für kurze Zeit wenigstens. Dann schlug das Imperium zurück.
Unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit sich Martin Luthers neue Lehre im deutschen Sprachraum verbreitet hat. Am 31. Oktober 1517 wurden die 95 Thesen an der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen und schon am 12. März 1523 verbot Erzherzog Ferdinand I. von Österreich in seinen Erblanden den Druck, das Kaufen und Lesen von Luthers Schriften. Denn die neue Erfindung des Buchdrucks hatte es erstmals möglich gemacht, dass Tausende Blätter mit Luthers Texten schnell gedruckt und von Bergknappen, Reisenden, Soldaten und Buchhändlern verbreitet wurden. 1528 wurde Buchdruckern das Köpfen angedroht, wenn sie ketzerische Schriften einführten. Dass dies ernst gemeint war, zeigt die Hinrichtung des Buchhändlers Hans Oehl in Bruck.
Doch es nützte alles nichts, bereits in den 1530er-jahren hat sich der Großteil der Grazer Bevölkerung dem evangelischen Glauben zugewandt, an ihrer Spitze Landeshauptmann Siegmund von Dietrichstein und Bürgermeister Simon Arbeiter. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts waren große Teile der Steiermark und vor allem die Obersteiermark ins lutherische Lager gewechselt.
Wie war das möglich? „Man kann sich heute kaum noch vorstellen, welche Ängste die Menschen damals um ihr Seelenheil hatten, welche Furcht vor Fegefeuer und ewiger Verdammnis ...“, erklärt der Berliner Historiker Heinz Schilling. Und dann kam Luther und stellte fest, dass nur die Gnade Gottes den Menschen zum Seelenheil führen würde – ohne Zahlung der üppig wuchernden Ablassforderungen aus Rom. Das schlug ein wie eine Bombe und gab den Menschen Kraft und Hoffnung.
Sichtbares Zeichen dieser protestantischen Kraft der steirischen Landstände waren Bau und Erweiterung des herrlichen Landhauses in der Herrengasse durch Domenico dell’aglio ab 1527/1557 – das war eine Provokation des katholischen Landesherren. Aber die Stände gingen noch weiter und gründeten neben dem heutigen Paradeishof ihre elitäre Stiftsschule, die 1574 fertiggestellt wurde und in der auch der Mathematiker und Astrologe Johannes Kepler unterrichtete.
Da zu dieser Zeit die Türken beständig das Land bedrohten, war Erzherzog Karl II. gezwungen, den Ständen religiöse Konzessionen zu gewähren, um ihre Unterstützung im Krieg zu erhalten. Gleichzeitig ging die bedrängte Habsburgerdynastie aber in den Angriff über und begann die Gegenreformation. Treibende Kraft war Maria von Bayern, die energische Gemahlin von Erzherzog Karl. 1570 holte Karl dafür die Jesuiten nach Graz, 1573 wurde das riesige Jesuitenkolleg samt Schule eröffnet, ab 1580 wurde in Graz eine ständige päpstliche Nuntiatur eingerichtet. Nun wurden ab 1582 die ersten evangelischen Bürger und Beamten des Landes verwiesen, weil sie trotz Verbots am Sonntag in ihre Kirche gingen. Proteste und Ausschreitungen waren die Folge, die sich erst beruhigten, als der Landesherr den Besuch Engele Damals in der Steiermark