„Ich schreibe, um mich selbst zu retten“
LZwei Namen sind untrennbar mit dem internationalen Ruhm und Stellenwert von Florjan Lipuˇs verbunden: Peter Handke und Fabjan Hafner. Beide zeichnen verantwortlich für exzellente Übersetzungen der Werke des 1937 in Lobnig bei Bad Eisenkappel geborenen Dichters, der seine Werke in slowenischer Sprache verfasst. Handke rühmte die „Wucht und den Schmerz“der Texte von Lipuˇs, der mit dem 1972 im Original erschienenen Roman „Der Zögling Tjazˇ“einen der ganz großen Gegenwartsklassiker schuf. wieder Anleihen bei der Sprache der Bibel und der Messliturgie, deutet allerdings das Vokabular sehr handfest und konkret in seinem Sinne um. Da kann dann schon aus „mea culpa“„mea vulva“werden, der Körper der Geliebten als „Tabernakel“erscheinen und das „Anschwellen des Schwengels“für die „wunderbarste Wandlung“sorgen. etztlich laufen derlei blasphemische Zuspitzungen darauf hinaus, Erlösung nicht als entrücktes Heilsgeschehen, sondern als dringliches Hier und Jetzt leibseelischer Zuwendung zu begreifen. Lipuˇs scheut dabei nicht vor drastischen Schilderungen zurück; sie sind infiziert von einem Widerspruchsgeist, für den Liebe, Eros und Sexualität zu Brandbeschleunigern der Selbstfindung werden.
Tjazˇ sei mit ihrer Hilfe zu sich
Uselbst gekommen, bekennt seine Gefährtin, und für Boˇstjan ist das Mädchen, das er liebt, „Frohbotschaft“und „Verkündigung“zugleich. nter dem Eindruck solch himmelstürzender Diesseitsleidenschaft kehrt dann auch die Stille ihre heilsame Seite hervor.
Der Roman „Herzflecken“erzählt von später Erfüllung, und obwohl das Glück dieser Erfüllung nicht von Dauer ist, beschenkt es die Liebenden mit Augenblicken, in denen die Stille nicht lärmt, sondern atmet und weiterschwingt: „Bergesstille überall, auch aus der Niederung nur da und dort eine lautlose Bewegung, einzelne verspätete Klänge (…) Stille auch in ihnen, bei ihm aus Ergriffenheit, noch nie zuvor hatte er solche Pracht erlebt, bei ihr aus der beredten Fülle des Schweigens.“