Viele Fehler führten zum Mord
Soko ermittelte, dass Täter vom Brunnenmarkt durch das Netz von Exekutive und Justiz gerutscht war – Änderungen nötig.
Im Mai 2016 hat ein psychisch kranker, vorbestrafter und von der Justiz zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebener Täter am Wiener Brunnenmarkt eine 54-jährige Frau auf dem Weg zu ihrer Arbeit mit einer elfeinhalb Kilo schweren Eisenstange erschlagen. Eine von Justizminister Wolfgang Brandstetter eingerichtete Soko hat den Fall über Wochen evaluiert, gestern wurden die Erkenntnisse präsentiert – mit einem erschreckenden Ergebnis.
„Viele Institutionen wussten ein bisschen etwas, keiner hatte den Überblick“, fasste Sokoleiter Helfried Haas die evidenten Defizite bei der behördlichen Vernetzung zusammen, die dem Ergreifen bzw. Koordinieren nötiger Maßnahmen im Weg standen. Denn der 22-jährige Kenianer war bereits im Herbst 2010 strafrechtlich in Erscheinung getreten, im Juni 2011 wegen Drogendelikten verurteilt worden. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits obdachlos war, jeglichen Kontakt mit seiner Familie und den Behörden verweigerte und zudem schlechte Deutschkenntnisse hatte, wurde trotz verhängter Bewährungsstrafe keine Bewährungshilfe angeordnet.
noch im selben Jahr wurde dann der Verdacht auf eine wahnhafte Störung festgestellt. Diese Information ging aber weder an die Staatsanwaltschaft noch an das Gericht. Der Jugendgerichthilfe wurde die Diagnose bekannt, sie leitete sie aber nicht weiter. „Es wurde nicht das Falsche getan, sondern das Richtige unterlassen“, bilanzierte Haas. So kam es letztendlich, dass der Mann nach zwei Angriffen mit Eisenstangen auf Frauen und einer Anklage wegen Ladendiebstahls zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben war – obwohl die örtliche Polizei ihn häufig am Brunnenmarkt sah. Doch das sprach sich laut Soko nicht bis zur Justiz durch. „Es ist erschreckend zu erfahren, wie schlecht die Behörden vernetzt sind“, reagierten die Rechtsanwälte