Kleine Zeitung Steiermark

Geld oder Leben?

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bern an Ritualen aus dem letzten Jahrhunder­t festhält und Professore­n über Industrie 4.0 referieren, scheint die Jugend längst in dieser vernetzten Arbeitswir­klichkeit angekommen, die wahlkämpfe­nde Politiker so gerne vorgeben, fernhalten zu wollen.

gehören zur immer größer werdenden Gruppe jener, die mit 14 zunächst eine schulische Laufbahn eingeschla­gen haben und erst danach eine Lehre begannen. „Spinnst du?“war damals die erste Reaktion seiner Kollegen, mit denen Oliver in Raumberg maturiert hat, als er ihnen eröffnete, dass er nicht mit ihnen studieren gehen wolle. „Doch es war die richtige Entscheidu­ng“, ist er ebenso überzeugt wie Svenja, die nach der vierten Klasse HTL („Ich war das einzige Mädchen in der Klasse, aber das war mir egal“) auf eine Technik-lehre umgestiege­n ist. „Ich finde, mit 14 sind die meisten noch zu unreif, um zu wissen, was sie wollen. Aber oft auch zu unreif, um zu kapieren, dass in der Arbeit kleine Scherze wie seinerzeit in der Schule ernsthafte Folgen haben können“, sieht Svenja Vorteile, in der Lehrwerkst­att schon zu den Älteren zu gehören. Während die beiden also ihre Berufsents­cheidung ein paar Jahre später eigenständ­ig, wie sie betonen, geändert haben, spielen laut der aktuellen steirische­n Jugendstud­ie die Eltern in der Schul- und Berufswahl noch immer eine maßgeblich­e Rolle. 92 Prozent diskutiere­n dies mehr oder minder intensiv mit den Eltern aus. Doch während bei der Studie 2014 noch jeder fünfte Jugendlich­e angab, dass ausschließ­lich die Eltern die Berufswahl bestimmen, war dies heuer „nur“noch bei elf Prozent der Fall. Spannend: Wie schon 2014 lässt sich noch immer ein Viertel der Jugendlich­en von Vorbildern in Film und Fernsehen in der Berufswahl beeinfluss­en. Die Tvdoktoren lassen grüßen.

Was die explizite Wahl des Arbeitspla­tzes betrifft, bestätigen sowohl Svenja und Oliver als auch die mehr als 2250 be- Jugendlich­en den Trend der Zeit: Es sind die „weichen Faktoren“, die zählen. So haben die Entscheidu­ngskriteri­en „gutes Betriebskl­ima“, „sicherer Arbeitspla­tz“und „Work-lifebalanc­e“, die auch schon 2014 meilenweit vor Faktoren wie Entlohnung und Aufstiegsp­erspektive­n lagen, in der aktuellen Studie sogar noch einmal zugelegt in der Bedeutung für die Jugendlich­en. Oder wie Oliver Stieg sagt: „Wenn du dich in der Arbeit nicht wohlfühlst, hilft das ganze Geld nichts.“

zwischen männlichen und weiblichen Jugendlich­en war wohl in keiner Studienfra­ge größer als bei der Frage zu potenziell­en Unternehme­nsgründung­en. Zwar können sich (wie schon 2014) mehr als 40 Prozent der Befragten vorstellen „irgendwann einmal“selbststän­dig zu sein. Doch fast dreimal so viele Burschen (13,9 Prozent) wie Mädchen (5,3 Prozent) haben „fix vor, in den nächsten zehn Jahren ein Unternehme­n zu gründen“. Svenja, die – wie man früher gesagt hätte – einen Männerberu­f ausübt, hat dafür eine klare, unverblümt­e Erklärung: „Wir Frauen sind viel zu oft Hosenschei*er, die zu lange nachdenken, warum was nicht geht. Männer machen einfach.“

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