Der Aufschwung und seine Profiteure
Österreichs Unternehmen geht es so gut wie lange nicht mehr. Laut neuen Prognosen soll der Aufschwung länger anhalten. Experten mahnen dennoch Reformen ein.
Die Konjunkturaussichten für Österreich sind gut wie lange nicht mehr. 1,7 Prozent Wachstum jährlich bis immerhin 2021 erwartet das Institut für Höhere Studien IHS in seiner mittelfristigen Prognose. „Soliden Wachstumskurs“nennen das die Ökonomen rund um IHS-CHEF Martin Kocher.
„Solide“, das klingt nach Zurückhaltung. Aber es stehen ja auch Wahlen ins Haus. Kocher lässt derzeit genau wie Wifochef Christoph Badelt keine Gelegenheit aus, vor Wahlgeschenken zu warnen. Zu teuer war einst der 24. September 2008. Große Gefahr, dass wie damals vier Tage vor der Nationalratswahl noch Milliardenbeschlüsse wie die Verlängerung der Hacklerregelung passieren könnten, sieht Kocher zwar nicht. „Mein Eindruck ist, dass die jetzigen Vorschläge in die richtige Richtung gehen.“Sprich Senkung der Abgabenlast, Durchforstung der Förderungen nach Doppelgleisigkeiallem ten und Effizienzsteigerungen im Gesundheits- und Bildungssystem. Es könnte allerdings „noch klarer werden, wo es hingeht“, fordert Kocher.
Das hätte der IHS-CHEF vielleicht einen eher ungewöhnlichen Besucher der Pressekonferenz fragen können, nämlich einen Mitarbeiter des Bundes- kanzleramts. Der hatte in der Fragerunde aufgezeigt, was denn innerhalb eines Jahres zur deutlichen Anhebung der Prognose geführt habe. Kochers Antwort war dann vielleicht aus politischer Sicht eine Enttäuschung: „Die Außenwirtschaft, das internationale Umfeld. Das sah 2016 ganz anders aus.“Vor
des IHS befindet sich in guter Gesellschaft. Das Konjukturbarometer der Industriellenvereinigung (IV) – eine Umfrage unter 403 Unternehmen – zeigt den höchsten Wert seit neun Jahren an. Iv-chefökonom Christoph Helmenstein spricht von einem Konjunktursommer. Jubelstimmung? Nein, doch sei der Aufschwung breit, und die Expansion sollte zumindest bis Jahresende anhalten. Auch Helmenstein wiederholt die Forderung, die seit geraumer Zeit zum Standardrepertoire vieler Ökonomen gehört: runter mit der Steuer- und Abgabenquote.
Die Agenda Austria des Wirtschaftsliberalen Franz Schellhorn rechnet vor, dass die Steuerund Abgabenbelastung der Löhne fast doppelt so hoch ist wie auf dem Lohnzettel ersichtlich. Für jeweils 100 Euro, die ein Arbeitnehmer mit einem Jahresbrutto von 44.409 Euro an Lohnsteuer bezahlt, gehen weitere 91 Euro an Sozialversicherung, Familienlastenausgleichsfonds etc. Das ist der auf dem Gehaltszettel nicht sichtbare Arbeitgeberanteil. Das ändere nichts daran, so die Agenda, dass diese Abgaben Teil des erwirtschafteten Lohns sind.