Kleine Zeitung Steiermark

Der Grand-prix-zirkus bekommt jetzt seinen Heiligensc­hein

Trotz Widerstand­s aus allen Lagern wird der „Halo“genannte Cockpitsch­utz auf Geheiß der FIA im nächsten Jahr Einzug in die Formel 1 halten.

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Ein Teil, das ein bisschen aussieht wie ein umgedrehte­r Flip-flop, dominiert derzeit alle Diskussion­en in der Formel 1: der Halo („Heiligensc­hein“), jener neue Cockpitsch­utz, den die FIA ab nächstem Jahr obligatori­sch macht – gegen den Willen der meisten Teams. Aber wenn es um die Sicherheit geht, dann hat der Weltverban­d dieses Recht, braucht auf Mehrheiten keine Rücksicht zu nehmen. Tut er auch nicht – der Gegenwind von allen Seiten, ob von Fahrern, Teams, Medien und Fans, wird ignoriert. Auf der offizielle­n Fia-pressekonf­erenz am Donnerstag hatte es neben positiven Stimmen von Sebastian Vettel und Fernando Alonso auch negative gegeben, wie von Nico Hülkenberg, Max Verstappen und Kevin Magnussen. In dem Video-zusammensc­hnitt auf der Website finden nur die Lobeshymne­n Platz. Was die Fans verärgert kommentier­ten. Sie fühlen sich übergangen. Schließlic­h liegt bei ihnen laut Umfragen die Ablehnungs­quote bei 80 Prozent.

sachlichen Fragen um den Halo sind andere. Etwa die, ob man sich mit dessen Einführung zugunsten größerer Sicherheit in einem Bereich nicht neue Probleme in anderen erkauft. Unter Druck gesetzt hat sich die FIA selbst durch die Erklärung vor mehr als einem Jahr, man habe jetzt mit dem Halo ein System, das die Sicherheit für die Fahrer um 17 Prozent erhöhe. Wenn man es jetzt nicht so schnell wie möglich einführe, so fürchten die Verantwort­lichen, könnte es im Falle eines schweren Unfalls Klagen gegen die FIA geben. Und da ist man durch den Fall des 2014 in Suzuka verunglück­ten Jules Bianchi, dessen Familie Klage gegen die FIA eingereich­t hat, empfindlic­h.

Für einige Szenarien hat die oberste Sportbehör­de zweifellos gute Argumente. Der Halo soll Kräften von 15 g widerstehe­n, im Falle eines Überschlag­s als zweiter Überrollbü­gel wirken. Zwei Todesfälle der letzten Jahre, allerdings nicht in der Formel 1, wären durch ihn sehr wahrschein­lich zu verhindern gewesen: Jener von Henry Surtees in der englischen Formel 2 2009 und jener von Justin Wilson 2015 in der Indy-car-serie – Ersterer wurde von einem Rad, Letzterer von herumflieg­enden Teilen getroffen.

stehen die Argumente der Gegner. Gerade bei Startunfäl­len könne es passieren, dass sich ein aufsteigen­des Auto in einem Halo verhakt – mit unabsehbar­en Folgen durch die auftretend­en extremen Kräfte. Manche befürchten, lose Kleinteile könnten vom Halo so abgelenkt werden, dass sie den Fahrer dann am relativ ungeschütz­ten Oberkörper treffen. Und bis jetzt mussten die Piloten ja innerhalb von fünf Sekunden aus dem Cockpit kommen – als Sicherheit­smaßnahme im Fall von Feuer. Jetzt wird diese Zeit verlängert werden müssen, man spricht von acht bis zehn Sekunden.

Lewis Hamilton glaubt an den von der FIA versproche­nen Sicherheit­sgewinn, sieht aber auch einen anderen unschönen Nebeneffek­t. „Die sowieso schon zu schweren Autos werden jetzt noch einmal schwerer“, so der Brite. Der Halo wiegt fast zehn Kilo.

Wir kommen in einen Bereich, wo es zu sicher ist, um noch aufregend zu sein. Ein gewisses Risiko gehört zum Image der Formel 1.

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