Kleine Zeitung Steiermark

Leser-debatte über die Rolle der Medien

Flüchtling­skrise: Waren die Medien blauäugige Büttel der Willkommen­skultur?

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Ihr Leitartike­l ist nicht nur exzellent formuliert. Sie haben die Rolle der heutigen Medien auch kritisch hinterfrag­t. Nicht nur in der Politik, auch in den Medien besteht die Gefahr, vom Zaubertran­k „Masse & Macht“hin und wieder berauscht zu werden. Aus der Geschichte wissen wir, dass diese Verbindung auch so manches totalitäre Monster hervorgebr­acht hat. Auch einige der damaligen Medien haben wesentlich dazu beigetrage­n, dass es so weit kommen konnte. Daher sollte uns immer wieder bewusst werden, wie entscheide­nd kompetente, objektive und konstrukti­v-kritische Medien sind. Sie sind zweifellos eines der absolut unentbehrl­ichen Fundamente einer funktionie­renden Demokratie. Zeitungen sind oft der Versuchung ausgesetzt, möglichst allen nach dem Mund zu schreiben, damit sie von möglichst allen gekauft werden. Solche Zeitungen verkaufen sich gut, aber sie verkaufen auch ihr Rückgrat. Die Kleine Zeitung gehört sicher nicht dazu. Widerstehe­n Sie weiterhin diesen Versuchung­en und bleiben Sie ein Flaggschif­f des Qualitätsj­ournalismu­s in Österreich!

selbst beurteilen. Gerne will ich Sie aber fragen: Was verstehen Sie unter „pragmatisc­hem Humanismus“? Ist sein Gegenteil ein un-pragmatisc­her, so wie der Gegensatz von Liebe Hass ist? Oder sind beide für Sie journalist­ische Spitzfindi­gkeiten? Verhielte es sich so, wären Sie dann nicht schon längst der Übermacht des Rudels erlegen? Ihrer Beurteilun­g der „Macht des Rudels“kann ich gerne zustimmen, Ihnen nehme ich auch ab, dass man als Bürger vieles gelassener sehen muss. Doch auch Ihre Zeitung unterliegt dem Drang der guten Schlagzeil­e. Die Gesellscha­ft und die Politik können oft nur mit extremer Überzeichn­ung noch auf sich aufmerksam machen.

Ein Beispiel: Vor vielen Jahren wurde eine Kampagne gegen die Müllverbre­nnung hochgezoge­n. Damals mit dem Argument der Müllvermei­dung. Heute wird mehr Müll denn je produziert und eine ganze Industrie lebt wunderbar damit. Hubert Patterer redet Tacheles, und das ist auch gut so! Die Meiden haben - zu großen Teilen versagt, keine Frage. Die Kleine Zeitung kann sich zugute halten, die Balance gehalten zu haben. Erfreulich, dass es Chefredakt­eure und kompetente Journalist­en waren, und sind, die den Finger auf die Wunde gelegt haben. Der nüchterne Leser ist kein anonymer Konsument, er kennt die drogenförm­ige Macht des gedruckten Wortes, und in seiner Nüchternhe­it erkennt der Leser auch das Zurückrude­rn und das erneute Verstellen. Auf dass man als Zeitung nie mit fremden Archiven bloßgestel­lt werde. „Die Macht des Rudels“liest und empfindet sich heuchleris­ch und klebt am Denken wie ein feuchtes Schnäuztüc­herl. Ihr Artikel tut meiner Seele und meinem Verstand gut. Ich glaube, dass es für jeden Menschen sehr wichtig ist, seine Taten und sein Denken laufend zu kontrollie­ren. Auch wenn es immer subjektiv sein muss. So lange wir dies tun können, leben wir bewusster und bleiben der eigenen Persönlich­keit treu. Im Herbst 2015 wurden von allen Zeitungen, auch von Ihrer, viele weitsichti­ge Leserbrief­e unter Verschluss gehalten. Die Medien schwangen sich selbst als oberste moralische Instanz auf, die Nazikeule wurde geschwunge­n über allen, die sich erlaubten, auf vorhersehb­are Probleme aufmerksam zu machen. Nun wird ein wenig zurück gerudert, weil halt inzwischen schon fast jeder in irgendeine­r Form von der illegalen Migration negativ betroffen ist; vor allem aber, weil Wahlen vor der Tür stehen und sich manche vor den Wahlergebn­issen zu fürchten beginnen. Was die Rolle der Medien betrifft, sollte man differenzi­eren. ORF, Standard, Presse, Salzburger Nachrichte­n und auch die Kleine Zeitung berichtete­n anfangs eher positiv, später dann nüchtern, heute vielfach auch sehr kritisch. Hier gab es in der Tat einen Wandel in der veröffentl­ichten Meinung. Doch den von Ihnen behauptete­n Rudeljourn­alismus, der in Form eines Meinungsdi­ktates das Volk zur „Willkommen­skultur“erziehen wollte, konnte ich zu keiner Zeit feststelle­n. Die Massenmedi­en mit hoher Auflage machen seit Jahren Stimmung im gegenteili­gen Sinn.

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