14 Kilometer hohe Gewittertürme
Ein verheerender Mix aus groß- und kleinräumigen Ursachen führte gleich zweimal zu Katastrophen in den Niederen Tauern.
Es sind ungeheure Naturgewalten, die regelmäßig im Sommer in der Gewitterzeit entfesselt werden. Heute kann man zwar schon bestens prognostizieren, wie massiv die Gewitter ausfallen werden. Aber den genauen Ort zu bestimmen, wo es krachen wird, geht noch nicht. Und zu erklären, warum bestimmte Gebiete – wie jetzt etwa die Sölktäler oder Oberwölz in den Niederen Tauern – gleich mehrfach hart getroffen werden, ist selbst im Rückblick nicht einfach:
„Das Besondere an dieser Wetterlage war, dass sich die Kaltfront ,George‘ kaum weiterbewegt hat und die Südwestströmung daher geblieben ist“, erklärt Friedrich Wölfelmaier von der Zentralanstalt für Meteorologie in Graz. Die Ausgangslage muss man sich nämlich so vorstellen: eine Tiefdruckrinne, die sich vom Atlantik her „ganz langsam anschleicht“, wie sich der Meteorologe ausdrückt. An der Vorderseite schaufelt das Tief in einer Südwestströmung seit Tagen heiße Luft aus Spanien und Italien in den Alpenraum.
wird durch die Sonneneinstrahlung in Österreich noch weiter erhitzt und „wartet“sozusagen über den Alpen darauf, diese gespeicherte Energie wieder loszuwerden. Wenn jetzt die Kaltfront eintrifft, wird die Luft „labilisiert“: Es quellen Gewitterwolken auf, denn die Feuchtigkeit kondensiert. Und dann kracht es – oft mit Hagel.
Extrem häufig gibt es Blitz und Donner gerade in der Steiermark. Unser Bundesland führt klar in der österreichischen Blitzstatistik. Vor allem das Randgebirge bekommt am meisten ab. „Die Linie zieht sich von St. Lambrecht bis zum Wechsel“, erklärt Wölfelmaier. Denn hier steigt heiße Luft aus den Ebenen empor und wird so „gewitterträchtig“.
Oberwölz? Warum gerade die Sölktäler und das Murtal? Und warum gleich zweimal hintereinander?
Wölfelmaier erklärt sich dies mit der zeitlichen Abfolge: Als am Freitag die Kaltfront von Westen her anklopfte, waren gerade die Niederen Tauern im richtigen Temperatur- und Feuchtebereich, sodass sich Gewitter aufbauen konnten. „Für die Karawanken oder die Nockberge in Kärnten dürfte es zeitlich zu früh gewesen sein“, vermutet der Fachmann. Die Luftschichtung war hochgradig labil am späten Nachmittag des Freitags, heiße Luft strömte von überall zu.
Die Folgen waren wie in den Tropen: „Es kam zu Gewittertürmen bis in eine Höhe von 13 und 14 Kilometern“, sagt der Meteorologe. Das sei schon sehr ungewöhnlich für unsere Breiten. Dementsprechend extrem war das Ergebnis: Regenmengen bis zu 100 Liter pro Quadratmeter in kürzester Zeit.