Kleine Zeitung Steiermark

Macron präsentier­t seine große Eu-reform

Der französisc­he Präsident will nach der Wahl in Deutschlan­d seine Ideen für den Umbau der EU umreißen und hofft auf Berlin.

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Thorsten Knuf, Berlin

Die Europapoli­tik macht keine Pause – auch dann nicht, wenn im größten Mitgliedst­aat der Gemeinscha­ft die Verhältnis­se durcheinan­dergeraten. Während sich nach der Bundestags­wahl in Deutschlan­d die Parteienla­ndschaft neu sortiert und eine schwierige Regierungs­bildung bevorsteht, beginnt auf Eu-ebene eine breite Debatte über die Zukunft der Union: Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron will heute in einer Grundsatzr­ede an der traditions­reichen Pariser Universitä­t Sorbonne seine Reformidee­n für die Gemeinscha­ft und die Eurozone präsentier­en. Ende der Woche treffen sich in der estnischen Hauptstadt Tallinn die Staats- und Regierungs­chefs. Auch dort soll es um die Zukunft der EU nach dem Brexit gehen.

Macron hat für seine Rede bewusst die Wahl abgewartet. Jetzt will er seine Akzente setzen und europapoli­tische Themen für die anstehende­n Verhandlun­gen im Nachbarlan­d vorgeben. Macrons Ambitionen sind groß: Es gehe um eine „Neugründun­g“Europas, sagt er immer wieder. Er führt auch oft das Wort „Souveränit­ät“im Munde: Europa müsse durch insti- Präsident Emmanuel Macron will die EU reformiere­n

tutionelle Reformen stärker gemacht werden, damit es sich behaupten kann in einer Welt, die von Mächten wie China, den USA und Russland dominiert wird.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Macron schon bei dessen Antrittsbe­such im Mai versichert, dass auch sie grundsätzl­ich offen für Reformen sei. Im Wahlkampf spielte das Thema kaum eine Rolle. Hinter den Kulissen trafen sich Beamte beider Länder, um auszuloten, ob die Vorstellun­gen der Franzosen und Deutschen in Bezug auf eine Vertiefung der Eurozone kompatibel sind.

Da die SPD der künftigen Regierung nicht angehören wird, verliert Macron einen wichtigen Verbündete­n in Berlin. Gleichwohl basteln Kanzleramt und Élysée-palast an einer gemeinsame­n Initiative. Und die Eu-partner setzen auf das Tandem. „Nun ist der Moment gekommen, in dem Deutschlan­d und Frankreich ihre Verantwort­ung für die Verteidigu­ng der europäisch­en Werte erkennen müssen“, sagt Luxemburgs Außenminis­ter Jean Asselborn.

Macron will nicht weniger als einen neuen Integratio­nsschub – was bei den anstehende­n Koalitions­gesprächen heftige Diskussion­en auslösen dürfte. Er fordert ein substanzie­lles Budget für die Eurozone, um mehr öffentlich­e Investitio­nen anschieben zu können. Es solle „mehrere Prozentpun­kte“der Wirtschaft­sleistung umfassen, sagte Macron unlängst.

Er plädiert für einen Finanzmini­ster für die Eurozone, der von einem eigenen Eurozonen-parlament kontrollie­rt werde. Die große Frage ist, welche Kompetenze­n der Minister haben könnte. Tritt er als Sparkommis­sar auf, der die Eurostaate­n zu Fiskaldisz­iplin ermahnt, könnten die Deutschen wohl damit leben. Anders sähe es aus, wenn seine Aufgabe ausdrückli­ch auch darin bestünde, Geld auszugeben.

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