Seehofer übt die Kraftprobe in der Union
Die CSU hat viel verloren. In München wissen sie aber, dass die CDU die Schwesterpartei braucht. Deshalb ist der Chef selbstbewusst.
Daniela Vates, Berlin
Es ist wieder so eine Stimmung in der CSU, in der anscheinend alles passieren kann. Der Vorstand zieht sich am Morgen in der Parteizentrale in München zurück, um über das Wahlergebnis zu beraten. Über den Absturz, muss man sagen. 38,4 Prozent sind historisch schlecht. Der Vorstand tagt und tagt. Was aus der Sitzung dringt, ist das Protokoll eines politischen Überlebenskampfs von Horst Seehofer. Der Parteichef übernimmt die Verantwortung, macht aber deutlich, dass er im Amt bleiben will. Der Vorstand entscheidet, Seehofer zu stützen. Zumindest bis zum Parteitag im November.
Seehofer, unter dem die CSU bei der Landtagswahl 2014 so prächtig abgeschnitten hat, dass er schon als König galt, ist nur noch Vorsitzender auf Probe. Im kommenden Herbst ist Landtagswahl. Einen Vorsitzenden, der Schwächen zeigt, wird die Partei nicht an der Spitze haben wollen. Auf dem Parteitag will sich Seehofer eigentlich wiederwählen lassen.
Aber am Montag ist Seehofer jedenfalls noch im Amt. Doch wie lange noch? Ein Cdu-regierungsmitglied zuckt mit den Schultern. Auch die CDU trifft sich, um über die Wahl zu beraten. Auch sie ist gebeutelt, hat drastisch verloren. In Sachsen hat die AFD der CDU den ersten Rang abgelaufen. Die Vorsitzende Angela Merkel sagt, die abgewanderten Wähler wolle man zurückgewinnen, und zwar durch gute Politik. Aber um mit Politik anzufangen, mit guter oder mit überhaupt einer, braucht die CDU die CSU.
Bei deren Sitzung kam Seeho- CSU-CHEF Seehofer will eine Kursklärung mit der CDU. Dafür will er
fer heraus und sagte: „Jetzt kommt die Kursklärung mit der CDU.“Die CSU sehe die Union in der Mitte und im „demokratischen rechten Spektrum“. Man müsse „national orientierten Menschen“ein Angebot machen. Darüber müsse man mit Merkel sprechen, und zwar in einem persönlichen Gespräch. „Schwierige Dinge klärt man nicht am Telefon.“Bis zum Parteitag will er Klärung haben.
Seehofer stellt Bedingungen: Die Obergrenze für Flüchtlinge
einführen, den Stopp des Familiennachzugs verlängern. Zwei neue Punkte führt er ein: Mit Plänen für eine Pensions- und Pflegereform könne man anders als im Wahlprogramm vorgesehen nicht warten, bis Kommissionen ihre Empfehlungen abgeben. Weil das dann ja zwei Jahre dauere. Noch vor der Wahl brauche man „klare Botschaften“. Er geht mit Selbstbewusstsein in Koalitionsgespräche: Anders als 2013 ist die CDU auf die Bayern angewiesen.