Kleine Zeitung Steiermark

Faust, durch den Fleischwol­f gedreht

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Auf Bühnen gehievt wurde der von ihm durch den Fleischwol­f gedrehte Faust bislang nur unfassbare zwei Mal. Erlebt hat Schwab die Uraufführu­ng im Hans-otto-theater in Potsdam, „Blechdose“genannt, mit Musik der „Einstürzen­den Neubauten“und Blixa Bargeld als Mephisto nicht mehr, er starb in der Silvestern­acht 1993/94.

Nach der Uraufführu­ng inszeniert­e nur noch der heuer verstorben­e Theatermac­her Ernst M. Binder in Schwerin „Faust:: Mein Brustkorb: Mein Helm“. Heute Abend erfährt die Faust-paraphrase, 23 Jahre nach der Uraufführu­ng, ihre späte Österreich-premiere am Schauspiel­haus in Schwabs Heimatstad­t Graz. Prominent zum Saisonstar­t.

In die Rolle des Faust schlüpft Florian Köhler, den Mephisto, bei Schwab eine Absonderun­g Fausts, verkörpert Benedikt Greiner. Beide Schauspiel­er treffen wir in einer Probenpaus­e zu einem Gespräch über das bildgewalt­ige, nicht leicht einzutrich­ternde Schwabisch­e – jener einzigarti­gen Sprache mit den Wörtern, „die man erst im Kopf gebären muss, um sie aus dem Mund herausgebä­ren zu können“, sagt Köhler. Er vergleicht es mit einem „Assoziatio­nsbuffet“. Bei einigen hätte er sich erst zur Liebe zwingen müssen. Wenn etwa ein „großkampft­äglicher Winkelzug“ins Gespräch kommt. Oder, betont Greiner, auch wenn von der „Hinterherb­randgeruch­ssprache“die Rede ist. „Die Figuren existieren nur, wenn sie sprechen“, sagt er. Und: Bei Schwabs Faust-version existieren mehrere Spracheben­en, die im Stück mit verschiede­nen Schriftart­en gekennzeic­hnet sind.

„Es geht darum, das Stück sozusagen vom Himmel herunterun­d von der Hölle heraufzuho­len“, hat Schwab einmal über seinen Faust gesagt. Auf Zitate von Goethe folgt der Wahnsinnsr­itt. „Ich sehe den Schwabfaus­t als eine Ableitung vom Goethe-faust“, sagt Greiner.

Die Auswüchse, die fantasiefi­gürlichen Schöpfunge­n nehmen ihren Ausgangspu­nkt in Fausts wahnvollem Studierzim­mergehirn. Motto: „Raus aus dem Hirn, rein ins Fleisch!“Köhler vergleicht die titelgeben­den Coverdrame­n so: „Mich erinnert es an ein Beatles-cover in einer Free-jazz-variation.“

Eines ist für die Schauspiel­er klar: Die Inszenieru­ng unter der Faust-expertin Claudia Bauer wird nicht ohne Konsequenz­en bleiben: Mittelmaß und Schwab passen nicht zusammen. „Entweder man liebt den Abend oder man hasst ihn.“Und das trifft auch auf Schwab zu. „Faust:: Mein Brustkorb: Mein Helm“. Von Werner Schwab. Regie: Claudia Bauer. Premiere: heute, 19.30 Uhr, Schauspiel­haus Graz. Restkarten: Tel. (0316) 8000. schauspiel­haus-graz.com

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Erlebte die Premiere seines Faust nicht mehr: Werner Schwab UTRI
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In Schwabs Faust-filetierun­g zu sehen: Benedikt Greiner und Florian Köhler BALLGUIDE/GROSSSCHÄD­L

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