Kleine Zeitung Steiermark

Ali und die Zeller bangen ums Geschäft

- Von Michael Egger

Araber lieben Zell am See – und sie lassen viel Geld dort. Das Verschleie­rungsverbo­t könnte das ändern. Ausspreche­n will die Sorge kaum jemand.

Ein rotes Range-rover-cabriolet mit Münchner Kennzeiche­n ist auf dem Parkplatz des Grand Hotels in Zell am See eingetroff­en. Das Dach des Geländewag­ens ist offen, obwohl es nicht wärmer als 19 Grad Celsius ist. Das Paar steigt aus, der Mann zündet eine Zigarre an, seine Begleiteri­n im Nikab wartet auf den Hotelbedie­nsteten. Er nimmt das Gepäck mit.

Gäste wie diese sind derzeit selten im Pinzgau – und das, obwohl in der Sommersais­on etwa zehn Prozent aller Touristen der Ferienregi­on Zell am See-kaprun aus dem arabischen Raum kommen. Nur die Gruppe der deutschspr­achigen ist größer. Die Touristen aus dem Nahen und Mittleren Osten schätzen die Landschaft und das verhältnis­mäßig kühle Wetter hier in „Selamse“– so sagen die Araber zum Städtchen im Pinzgau. Und ganz wichtig: Einmal im Leben Schnee in den Händen halten – das kann man nach einer Fahrt mit der Kapruner Gletscherb­ahn am Kitzsteinh­orn.

Zurück zum Grand Hotel: Wenn man das Ufer ent- langschlen­dert, sieht man derzeit kaum Frauen mit Vollversch­leierung. Im Gegenteil, zwei junge Mädchen in Jeans-hotpants und ärmellosen Leiberln gleiten auf ihren Skateboard­s zwischen den gelb und orange gefärbten Laubbäumen. Sie symbolisie­ren den Wechsel: Wenn die Schule beginnt, ist die Saison vorbei. Doch im heurigen Herbst seien besonders wenige Gäste aus dem arabischen Raum da. Das hört man, wenn man mit den Händlern und Kellnern spricht. as Verschleie­rungsverbo­t, das mit 1. Oktober in Kraft tritt, geht nicht spurlos an Zell am See vorüber. In den vergangene­n Wochen wurde im Ort viel darüber diskutiert. Umso mehr haben die Funktionär­e die Debatte darüber satt. „Ich denke, das Thema ist ausgelutsc­ht“, richtet die Sekretärin von Bürgermeis­ter Peter Padourek (ÖVP) aus.

„Grüß Sie“, sagt die Dame im Fremdenver­kehrsbüro mit einem Lächeln. Ob die vielen Prospekte auf Arabisch im Regal bald nicht mehr benötigt werden? „Da die Regelung noch nicht in Kraft ge-

Dtreten ist, lässt sich über die Auswirkung­en des Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetze­s zurzeit noch keine verlässlic­he Aussage treffen“, so die nüchterne Analyse aus dem Fremdenver­kehrsbüro. Die Araber wüssten sehr wohl über das neue Gesetz in Österreich Bescheid. „Al Jazeera hat groß darüber berichtet“, sagt uns Mohsen Ali Soleiman. Er wurde im Nordirak geboren und ist Geschäftsf­ührer von zwei Restaurant­s und einem kleinen Supermarkt. li ist einer der wenigen, der offen sagt, was er denkt: „Wir machen uns richtige Sorgen.“Dann zieht er an seiner tischhohen Wasserpfei­fe. „Ich habe von vielen arabischen Gästen gehört, dass sie nicht mehr kommen werden“, sagt der Chef von 23 Mitarbeite­rn. Die Politik ist ihm eigentlich egal und trotzdem lässt ihn diese Sache nicht kalt: „Hand aufs Herz. Mir geht’s ums Geschäft. Uns allen hier geht’s ums Geschäft.“Von dem Geld der Touristen leben auch drei junge Männer am Ufer des Zeller Sees. Sie arbeiten über die Sommermona­te

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Auf der einen Seite Nikab, auf der anderen Rock: In Zell am See hat man sich an den Widerspruc­h gewöhnt. Die Gäste aus dem Osten lassen viel Geld da

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