Evangelischsein von seiner buntesten Seite
Fröhlich, vielfältig und solidarisch: Die evangelischen Kirchen Österreichs feierten gestern ihr Jubiläum auf dem Wiener Rathausplatz.
Punkt 12 Uhr ertönten Fanfaren auf dem Wiener Rathausplatz und eröffneten damit gestern das große Fest anlässlich 500 Jahren Reformation. „Musik gehört zum Evangelischsein dazu“, sinniert der Kärntner Superintendent Manfred Sauer später. Und zu einem festlichen Anlass eben festliche Musik. Und Bischof Michael Bünker: „Das ist kein jährliches Ereignis, das ist kein Jahrhundert-ereignis, das ist ein 500-Jahr-ereignis.“Als Motto haben sich die drei evangelischen Kirchen in Österreich, die lutherische, die reformierte und die methodistische „Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfungsverantwortung“gewählt. Superintendent Thomas Hennefeld: „Wir Kirchen beschäftigen uns schon seit vielen Jahren mit diesen Themen. Und sie stehen für die Zukunft unserer Gesellschaft.“
Von ihrer Arbeit für die Zukunft erzählte dann auch Friedensnobelpreisträgerin Leymah Gbowee aus Liberia: „Man kann Gewalt nicht mit Gewalt lösen. Das wäre so, als würde man Feuer mit Feuer löschen wollen. Denken Sie an Libyen, wo das Gaddafi-regime gewaltsam entfernt wurde. Die Gewalt ist weitergegangen, heute gilt das Land als unregierbar.“Doch die Aktivistin zitiert auch Nelson Mandela: „Mutige Menschen haben ebenso Angst, aber trotzdem stehen sie auf und werden aktiv.“Knapp zuvor hatte sich Gbowee auch mit 20 Schülern der 7kklasse des Klex in Graz getroffen. „Sie hat uns viel Mut gemacht, für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten“, erzählt Begleiterin Irmtraud Eberle-härtl. Rund 500 Steirer reisten gestern insgesamt nach Wien – darunter Superintendent Hermann Miklas: „Es ist schön, so viele Menschen hier zu treffen, Bekannte und Unbekannte.“Aus Kärnten reisten fünf Busse an. Superintendent Sauer: „Unsere Erwartungen sind voll aufgegangen, es ist ein Fest der Begegnung geworden.“Einige Tausend Besucher waren es am Schluss.
„Es ist schön, dass die Evangelischen ihr Jubiläum in Österreich so feiern können. Das war nicht immer so“, betonte Synodenpräsident Peter Krömer. Wobei Kabarettist Jörg-martin Willnauer pointiert formulierte: „Es ist gut, dass heute in Wien der Wind weht, die Kirchen brauchen Durchlüftung.“
Etwas Besonderes einfallen lassen haben sich (auch) die evangelischen Frauen Österreichs: Sie schlüpften in die Rollen von 13 Frauen, die die Reformation in Österreich mittrugen: Anna Neumann, die im Gailtal geboren wurde und Gründerin des Hauses Schwarzenberg ist. Oder Dorothea Jörger, „Luthers beste Freundin in Christo“: Ihr Mann hatte Luthers Lehre nach Oberösterreich „importiert“, seine Frau war jedoch diejenige, die mit den Luthers ein Leben lang befreundet war. In ihren Körben hatten die Frauen auch historische Leckereien zum Verteilen: Äpfel und Bier – Luthers Leibgetränk.
Am Ende resümierte Bischof Bünker: „Wir haben uns so präsentiert, wie wir sind: selbstbewusst und offen.“