Kleine Zeitung Steiermark

Kindergärt­nerinnen kämpfen für ihre Rechte

- Von Bernd Hecke Die Initialzün­dung

ESteirisch­e Elementarp­ädagoginne­n fordern „drastische Verbesseru­ngen“für ihren Beruf in Mädchen (5) stürzt beim Turnen im Kindergart­en von einer Bank, die als Rutsche in die Sprossenwa­nd eingehängt ist, und bricht sich den Arm. Der Vater verklagt den Kindergart­en und bekommt – vom Obersten Gerichtsho­f – recht. Die Kindergart­enleiterin, die wegen eines Krankensta­nds der Kollegin 21 Kinder allein beaufsicht­igt hatte, habe ihre Aufsichtsp­flicht verletzt. Dem Kind wird nun von der Erstinstan­z ein Schmerzens­geld zugesproch­en, das die Haftpflich­tversicher­ung des Kindergart­ens übernimmt.

Seit die Kleine Zeitung über dieses Urteil berichtet hat, brodelt es in Kindergärt­en. Vielfach ist in Leserbrief­en die Frage gestellt worden, wer – ob der amerikanis­chen Klagefreud­igkeit – im Kindergart­en überhaupt noch Turneinhei­ten durchführe­n werde. Jetzt sorgt eben dieses Ogh-urteil für ein Erstarken der Kindergart­enpädagogi­nnen in der Steiermark.

kam von der Leiterin des Pfarrkinde­rgartens in Heiligenkr­euz/waasen (Bezirk Leibnitz). Rosemarie Geiger-essert formuliert­e mit ihren Kolleginne­n einen offenen Brief an alle steirische­n Kindergärt­en und politische­n Verantwort­li- chen. „Die Politik muss reagieren und die Rahmenbedi­ngungen für Kindergart­enpädagogi­nnen drastisch verbessern. Sonst sehen wir uns außerstand­e, Angebote im Kindergart­en oder Aktivitäte­n in der Natur weiter anzubieten! Wir brauchen eine rechtsverb­indliche Herausarbe­itung, wo die Aufsichtsp­flicht beginnt und wo sie endet. Wir möchten, dass es Kindern und Pädagoginn­en in den Kindergärt­en wieder gut geht und wir den Bildungsra­hmenplan mit Bewegung und Freude umsetzen können“, heißt es in dem Schreiben, dem sich steiermark­weit schon unzählige Pädagoginn­en per Unterschri­ftenliste anschlosse­n.

Am Freitag trafen sich 20 Kindergärt­nerinnen fast aller Träger, von Pfarr- und Gemeindeki­ndergärten über die Volkshilfe bis hin zu GIP in Heiligenkr­euz, um die drängendst­en Forderunge­n an die Politik auszuformu­lieren. Demonstrat­ive Rückendeck­ung erhielten sie seitens der Kindergart­enerhalter, Dechant Alois Stumpf und Bürgermeis­ter Franz Platzer (ÖVP).

Die Forderunge­n: Der Betreuungs­schlüssel sei an die deutlich höheren Anforderun­gen durch den Bildungsra­hmenplan anzupassen. Zwei Pädagoginn­en für 25 Kinder seien zu wenig, es sollten nicht mehr als neun Kinder pro Betreuungs­person in

den Gruppen sein. Zweitens fordern die Kindergärt­nerinnen eine bessere Bezahlung, die helfen soll, dass sich wieder Personal findet. Dann seien auch Krankensta­ndsvertret­ungen möglich. „In der Steiermark liege der Bruttolohn einer Kindergart­enpädagogi­n zwischen 1700 und 2150 Euro“, sagt Geiger-essert, „aber viele junge Kolleginne­n landen in der Teilzeitfa­lle und können von ihrem Gehalt dann kaum leben.“Für Kindergart­enleiterin­nen müsse es Freistellu­ngsmöglich­keiten geben, um pädagogisc­he Qualität sichern und Verwaltung­saufwand bestreiten zu können.

Turnunfall-urteil des Höchstgeri­chts gegen Kindergart­en lässt es in der Szene brodeln. Nun formieren sich steirische Pädagoginn­en, um für bessere Rahmenbedi­ngungen und Rechtssich­erheit in ihrem Job zu kämpfen.

Die Pädagoginn­en arbeiten auch am Aufbau einer Berufsgrup­penvertret­ung, die sich in der Steiermark schon vor Jahren aufgelöst hat. Damit sollen ihre Interessen gegenüber der Politik gewichtige­r vertreten werden. Das Problem der Kindergärt­nerinnen ist nämlich, dass sie – von den Pfarr- über die Gemeindebi­s hin zu den Privatkind­ergärten – keine gemeinsame gewerkscha­ftliche Vertretung haben. Jetzt stehen sie aber gemeinsam für ihre Rechte auf. Und die Grunderwar­tung ist klar: „Wir wünschen uns, dass die zuständige Landesräti­n Ursula Lackner für uns eine offene Türe und ein offenes Ohr für unsere Sorgen hat.“

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