Kleine Zeitung Steiermark

Das Schicksal der Künstler in einer zerrissene­n Welt

- Zwei Bücher,

Zwischen Heimat und Fremde. Zwei historisch­e Sachbücher behandeln derzeit zwei völlig unterschie­dliche Lebenswelt­en in der unsagbaren Zeit der Kriegsjahr­e.

zwei unterschie­dliche historisch­e Ansatzpunk­te. Lackners Werk ist weit mehr als eine Aneinander­reihung trauriger Szenarien zwischen Vertreibun­g und verlorenen Existenzen. Auch das Schicksal des gebürtigen Grazers Robert Stolz wird hier umrissen. 59 Jahre ist er alt, als er 1939 jenes Fußballsta­dion im Pariser Industrieb­ezirk Colombes erreicht, in dem französisc­he Regierung 2000 österreich­ische Flüchtling­e untergebra­cht hat. Stolz hätte nicht fort aus Österreich müssen, er war kein Jude, war sogar heftig von Joseph Goebbels umworben worden, schließlic­h zählte er in jenen Tagen zu den berühmtest­en Komponiste­n der Welt. Alle Welt sang etwa „Ob blond, ob braun – ich liebe alle Frauen“. Und doch wollte Stolz fort, denn er hatte bereits seit 1933 jüdische Freunde aus Nazideutsc­hland nach Wien und später auch aus Österreich hinausgesc­hmuggelt.

In Paris lernt er zwar seine fünfte Frau, „Einzi“, eine polnische Jüdin, kennen. Die Lage in dem Internieru­ngslager ist aber schrecklic­h, Krankheite­n breiten sich aus, Decken sind Mangelware. Im letzten Moment verschafft Einzi Stolz 1939 ein Visum für die USA.

Wir springen nach Montauban/südfrankre­ich, wo 1940 die Grazer Familie Kurzweil strandet. 16.000 Flüchtling­e heften sich an jedes Gerücht, das von Zufluchtso­rten kündet. Montauban macht die Runde. Ein kleiner Ort, der schon im 17. Jahrhunder­t Hugenotten-hochdie burg war und zur Zeit der Französisc­hen Revolution Calviniste­n Raum bot, „ein Ort also, in dem Widerstand Tradition hatte“, wie Lackner schreibt. Bruno Kurzweil, der in der Steiermark Rechtsanwa­lt gewesen war, hatte Graz 1938 verlassen, nachdem er von der Kammer ausgeschlo­ssen worden war und seine 13-jährige Tochter nicht mehr zur Schule durfte. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Paris flohen die Kurzweils nach Montauban. Doch während viele gleich weiterfloh­en, verpasste die Familie den richtigen Moment. Im August 1942 wurden

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