Barça, das zerrissene
Das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens kann den FC Barcelona in ein Dilemma stürzen, auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Eigene Liga ist kaum vorstellbar.
Am 28. Dezember 1975, wenige Wochen nach dem Ende der Franco-diktatur, wird Sporthistorie geschrieben, in Spanien, vor allem aber in Katalonien. Nach jahrzehntelanger Unterdrückung dürfen die Fans des FC Barcelona endlich Farbe bekennen. Zu Tausenden hissen sie die „Senyera“, die unter dem Regime des Gewaltherrschers verbotene katalonische Nationalflagge. Und die Mannschaft lässt die Heimischen nicht im Stich, der Erzrivale Real Madrid wird geschlagen.
Jetzt halten die Barça-anhänger wieder das Banner hoch. Vor 42 Jahren war die Befreiung gefeiert worden, heute wird über die Loslösung vom spanischen Mutterland abgestimmt. Die Trennung könnte den FC Barcelona aber sehr teuer zu stehen kommen. Der Fußballklub war stets das Symbol Kataloniens als wirksames Gegengewicht zur Madrider Zentrale. Die Unabhängigkeit aber würde auch den Fußball in die Eigenständigkeit befördern. Dies kann in letzter Konsequenz in eine eigene katalonische Liga münden, und der „Clasico“gegen Real wäre ins Reich der Geschichte verbannt. Mit dem FC Barcelona, dem Stadtrivalen Espanyol sowie Aufsteiger Girona wären drei Vereine der Primera Division betroffen, in der zweiten Liga spielen lediglich zwei katalonische Mann- Die Barça-fans halten die katalanische Flagge hoch. Aber wissen sie
schaften. Die Konkurrenz für Barça wäre eine vernachlässigbare Größe.
Einem Gesetz zufolge dürfen nur Klubs aus Andorra in der spanischen Liga mitwirken. Eine Änderung ist natürlich möglich, aber das wäre nur dann gegeben, wenn Madrid die Unabhängigkeit Kataloniens anerkennt. Eine derartige Kehrtwende der Zentralregierung erscheint aber aus heutiger Sicht undenkbar. Durch die fehlende Zustimmung Spaniens würde ein katalonischer Verband vorerst wohl auch keine Aufnahme in die FIFA und in die UEFA finden. Damit wäre auch die Champions League bis auf Weiteres kein Thema mehr für den stolzen FC Barcelona. Auf der anderen Seite hätte die Trennung auch auf die so erfolgreiche spanische Nationalmannschaft
unabsehbare Auswirkungen.
verhält sich von offizieller Seite her widersprüchlich. Generell wird das Referendum befürwortet, über das Abstimmungsverhalten aber der Mantel des Schweigens gebreitet. Gerard Pique, einer der Akteure, die sich am stärksten exponieren, verkündete via Twitter: „Stimmen wir ab, bringen wir unseren Willen friedlich zum Ausdruck.“Ob er für oder gegen die Abspaltung eintritt, enthüllte er nicht.
Der Widerspruch, einerseits unabhängig zu werden, andererseits aber in der spanischen Liga sowie auf internationaler Ebene weiterhin wie bisher präsent zu sein, ist jedenfalls nicht leicht aufzulösen. Das erste Match entscheiden heute die Katalanen.